Kein höherer Kassenbeitrag wegen DDR-Haftopfer-Entschädigung
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Kassel (jur). Erhalten DDR-Verfolgte wegen einer rechtswidrigen Haftstrafe eine „besondere Zuwendung für Haftopfer“, darf diese Sozialleistung nicht zu einer Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge führen. Die Leistung ist als zweckbestimmte Einnahme anzusehen, die lediglich die rechtswidrige Haft entschädigen soll, urteilte am Mittwoch, 3. Juli 2013, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 12 KR 27/12 R). Damit sei dieses Einkommen bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge anrechnungsfrei, so der 12. Senat.
Im entschiedenen Rechtsstreit ging es um die Haftopferentschädigung für einen Berliner. Der Mann war in der früheren DDR sechsmal wegen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch asoziales Verhalten" verurteilt worden. Insgesamt kamen so 54 Monate Gefängnis zusammen. Der Mann habe gegen die allgemeine Arbeitspflicht verstoßen, so die früheren DDR-Behörden und Gerichte. Dabei wurde allerdings übersehen, dass der mittlerweile erwerbsgeminderte Berliner wegen einer manisch-depressiven Erkrankung nicht arbeiten konnte.
Wegen der rechtswidrigen Inhaftierung wurde dem Mann nach der Wiedervereinigung eine Entschädigung gewährt. Das Land zahlte ihm eine gesetzlich vorgesehene „besondere Zuwendung“ für DDR-Haftopfer in Höhe von 250 Euro monatlich. Die Zahlung dieser besonderen Zuwendung ist möglich, wenn das Haftopfer mindestens 180 Tage rechtswidrig im Gefängnis saß und nicht für die frühere DDR-Staatssicherheit tätig war.
Die AOK Nordost wertete die Entschädigung als Einkommen, so dass höhere Krankenversicherungsbeiträge fällig würden. Statt 11,11 Euro monatlich verlangte sie ab März 2008 monatlich 32,25 Euro. Die „besonderen Zuwendungen“ für Haftopfer dienten dem allgemeinen Lebensunterhalt, so dass diese Einkünfte auch bei der Berechnung der Kassenbeiträge zu berücksichtigen seien.
Der Kläger führte an, dass die „besondere Zuwendung“ eine „ideelle Anerkennung“ des Staates für erlittenes Unrecht sei. Die Entschädigung diene damit nicht vorwiegend dem allgemeinen Lebensunterhalt. Das Geld stelle eine zweckbestimmte Einnahme dar, welche bei der Berechnung des Krankenversicherungsbeitrages nicht angerechnet werden dürfe.
Dem folgte nun auch das BSG. Normalerweise sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten bei der Berechnung der Kassenbeiträge zu berücksichtigen. Es gebe jedoch auch Ausnahmen. So zählten Sozialleistungen mit einer besonderen Zweckrichtung – wie beispielsweise die Beschädigtenrente – nicht als Einkommen bei der Beitragsberechnung mit. Dies gelte auch für die besonderen Zuwendungen für DDR-Haftopfer. Diese diene der Entschädigung der rechtswidrigen Haft und nicht dem allgemeinen Lebensunterhalt, so der 12. Senat.
Die Stasiunterlagenbehörden haben inzwischen bei mehr als 40.000 Anträgen für eine Opferrente die politische Verfolgung der Antragsteller überprüft. Nach Einschätzung der Stasiunterlagenbehörde in Berlin wurde der weitaus größere Anteil danach auch bewilligt.
Quelle:© www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage