kein längerer Betreuungsunterhalt wegen Fortbildungsmaßnahmen
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Karlsruhe (jur). Berufliche Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen können keinen längeren Anspruch auf Betreuungsunterhalt vom Ex-Ehepartner begründen. Denn diese Maßnahmen dienen den eigenen beruflichen Interessen und nicht denjenigen des Kindes, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 6. September 2012 veröffentlichten Urteil (Az.: XII ZR 97/10). Ein „elternbezogener Grund“ für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts liege daher nicht vor.
Mit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsreform wurde festgelegt, dass bei geschiedenen Eltern der betreuende Elternteil nach dem dritten Lebensjahr des Kindes nicht mehr automatisch weiter Betreuungsunterhalt vom Ex-Partner beanspruchen kann. Dem betreuenden Elternteil ist dann vielmehr ein gestufter Übergang hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit zuzumuten. Bestehen allerdings kind- oder auch elternbezogene Gründe, die einer Erwerbstätigkeit im Wege stehen, ist Betreuungsunterhalt auch nach dem dritten Lebensjahr des Kindes noch möglich. Die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind besteht davon unabhängig.
Im entschiedenen Rechtsstreit wollte ein aus Mainz stammender geschiedener Mann seiner Ex-Frau keinen Unterhalt mehr für die Betreuung der gemeinsamen heute 13-jährigen Tochter bezahlen. Das Kind sei meist bis 16.00 Uhr in der Schule. Die Tochter sei zudem so selbstständig, dass sie ohne Probleme mehrere Stunden am Tag alleine zu Hause bleiben könne.
Die Mutter, eine promovierte arbeitslose Kunsthistorikerin, führte dagegen an, dass ihr der Betreuungsunterhalt wegen ihres in die Länge gezogenen Habilitationsverfahrens weiter zustehe. Sie habe sich jahrelang um die Betreuung der Tochter gekümmert, so dass sich ihre berufliche Qualifizierungsmaßnahme verzögert habe. Es gebiete die „nacheheliche Solidarität“, dass ihr Ex-Mann nun dafür in Form einer längeren Zahlung von Betreuungsunterhalt aufkomme. Berufliche Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen seien als „elternbezogene Gründe“ anzusehen, die einen Betreuungsunterhalt begründen könnten.
Dieser Auffassung folgte der BGH in seinem Urteil vom 8. August 2012 jedoch nicht. Die Mutter habe von einer weiteren Erwerbstätigkeit nicht allein im Interesse des Kindes abgesehen. Vielmehr wollte sie auch ihre Habilitationsschrift fertigstellen. Dies diente ihren eigenen beruflichen Interessen. Berufliche Ausbildungs-, Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen stellten daher keinen elternbezogenen Grund dar, der eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts rechtfertigt.
Die Mutter könne auch nicht auf einen Vertrauensschutz pochen. Zwar habe sie bereits vor der Ehe und auch vor Inkrafttreten der Unterhaltsreform mit ihrer Habilitation begonnen. Ein „schutzwürdiges Vertrauen“ auf den Bestand des Unterhaltsanspruchs begründe dies jedoch nicht. Denn Unterhaltstitel seien nach dem Willen des Gesetzgebers „grundsätzlich abänderbar“. Das Verfahren hat der BGH zur weiteren Tatsachenfeststellungen an das Oberlandesgericht Koblenz zurückverwiesen.
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