ARBEITSRECHT
Keine Freistellung für Gesamtbetriebsratsvorsitzenden
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Mainz (jur). Der Vorsitz eines Gesamtbetriebsrats rechtfertigt nicht die generelle Freistellung des Arbeitnehmers von seiner regulären Tätigkeit. Ein Freistellungsanspruch kann sich nur aus der Größe des Herkunftbetriebs ergeben, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am Freitag, 6. November 2015, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: 5 TaBV 5/15).
Es wies damit den Betriebsratsvorsitzenden der EuroMaint Rail GmbH im Werk Kaiserslautern ab. EuroMaint ist ein Dienstleister für die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen. Der im Ursprung schwedische Konzern hat Niederlassungen in mehreren EU-Staaten. In Deutschland gibt es fünf Werke mit zusammen über 800 Arbeitnehmern. Das Werk Kaiserslautern hatte im Mai 2014 162 Mitarbeiter.
Laut Gesetz müssen Unternehmen ab 200 Beschäftigten eines Betriebs den dortigen Betriebsratsvorsitzenden komplett von seiner regulären Tätigkeit freistellen. Obwohl diese Schwelle in Kaiserslautern auch früher nicht erreicht war, hatte EuroMaint bis 2014 den dortigen Betriebsratsvorsitzenden freiwillig freigestellt.
Nach einer Neuwahl des Betriebsrats im Mai 2014 gewährte das Unternehmen diese Vergünstigung nicht mehr. Der Betriebsratsvorsitzende pochte auf seine Freistellung. Er sei gleichzeitig auch Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und stellvertretender Vorsitzender des Europäischen Betriebsrats. Ohne Freistellung könne er seine umfangreichen Aufgaben nicht bewältigen.
Vor Gericht begehrte nun EuroMaint die Feststellung, dass der Betriebsratsvorsitzende keine Freistellung beanspruchen kann. Das LAG Mainz hat dies nun bestätigt.
Zunächst sei die Schwelle von 200 Arbeitnehmern in Kaiserslautern nicht erreicht, so das LAG zur Begründung. Der dortige Betriebsrat habe auch nicht dargelegt, dass die Tätigkeit für die 162 Arbeitnehmer derart umfassend sei, dass ausnahmsweise eine Freistellung erforderlich ist.
Anspruch auf eine Freistellung ergebe sich auch nicht aus der Tätigkeit für den Gesamtbetriebsrat. Das Betriebsverfassungsgesetz knüpfe bei den Freistellungen an die Zahl der Arbeitnehmer an. Hintergrund sei die mit der Arbeitnehmerzahl wachsende Belastung durch Mitbestimmungs- und Beschwerderechte, etwa bei Einstellungen.
Auf den Gesamtbetriebsrat lasse sich das nicht übertragen, so das LAG. Nach einhelliger Meinung sei das Betriebsverfassungsgesetz hier nicht anwendbar (so LAG München, Urteil vom 19. Juli 1990, Az.: 6 TaBV 62/89). Aus einer Tätigkeit im Gesamtbetriebsrat lasse sich daher ein Freistellungsanspruch nicht ableiten. Gleiches gelte auch für den Europäischen Betriebsrat.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt gegen dieses jetzt schriftlich veröffentlichte Urteil vom 17. Juli 2015 ließ das LAG Mainz nicht zu. Hiergegen kann der Betriebsratsvorsitzende aber Beschwerde beim BAG einlegen.
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