STAATSHAFTUNGSRECHT
Keine staatliche Enteignungsentschädigung bei KZ-Zwangsarbeit
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Leipzig. Die Grundsätze der Menschlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit müssen auch auf einem Rittergut eingehalten werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in einem am Dienstag, 22. März 2022, veröffentlichten Beschluss (Az: 8 B 36.21) entschieden, dass für eine nach dem Krieg erfolgte entschädigungslose Enteignung von Grund und Boden keine staatlichen Ausgleichszahlungen verlangt werden können, wenn dort frühere Mitarbeiter in verantwortlicher Stellung eines als KZ-Außenlager genutzten Ritterguts die dort untergebrachten Häftlinge ausgebeutet und gequält haben. Die Richter in Leipzig haben damit eine Nichtzulassungsbeschwerde von Erben dreier Rittergüter zurückgewiesen.
Hintergrund der Kontroverse ist die entschädigungslose Enteignung von drei Rittergütern während der sowjetischen Nachkriegsbesatzung. Nach der Wiedervereinigung erhielt die Klägerinnen aus Brandenburg als Rechtsachfolgerinnen des ehemaligen Eigentümers eine Ausgleichszahlung vom Staat.
Die zuständigen Behörden haben den entsprechenden Bescheid dann jedoch wieder zurückgenommen, weil eines der Rittergüter während der NS-Zeit als KZ-Außenlager gedient hatte. Dort wurden Häftlinge menschenunwürdig behandelt und untergebracht.
Vom Verwaltungsgericht Potsdam wurde diese Entscheidung in seinem Urteil vom 08.04.2021 unter Berufung auf das Ausgleichsleistungsgesetz bestätigt. Demnach kann eine Ausgleichsleistung nicht zuerkannt werden, wenn eine berechtigte Person oder ein Unternehmen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. Gleiches gelte für alle, die ihre Stellung zum eigenen Vorteil schwerwiegend missbraucht oder dem nationalsozialistischen oder kommunistischen System in der sowjetisch besetzten Zone oder in der DDR „erheblichen Vorschub“ geleistet haben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 4. Februar 2022 die aufgrund der Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde nun zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass die auf dem Rittergut untergebrachten und zur Zwangsarbeit verpflichteten KZ-Häftlinge durch die verantwortlichen Mitarbeiter des Unternehmens menschenunwürdig behandelt wurden. Die Häftlinge seien beispielsweise in ungeheizten Lagerräumen untergebracht, mit unzureichender Kleidung ausgestattet und jeglicher Witterung ausgesetzt worden. Das Essen sei bei unzureichender Arbeitsleistung entzogen worden.
Der Rechtsvorgänger müsse sich dieses menschenunwürdige Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter zurechnen lassen. Ausgleichleistungen für eine später erfolgte entschädigungslose Enteignung kommen damit nicht infrage.
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