SOZIALRECHT
Keine unwirtschaftliche Hauszwangsversteigerung wegen Bafög
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Keine unwirtschaftliche Hauszwangsversteigerung wegen Bafög © Symbolgrafik:© vege - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Erbt ein Student einen Anteil an einem von seiner Mutter und Geschwistern bewohnten Eigenheim, muss er seinen Erbanteil zur Existenzsicherung nicht um jeden Preis verkaufen. Es verstößt gegen das Willkürverbot und stellt eine unbillige Härte dar, wenn das Studentenwerk den Bafög-Antrag des Studenten ablehnt und ihm die Zwangsversteigerung und damit eine unwirtschaftliche Verwertung des geerbten Hausanteils nahelegt, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch, 3. Mai 2023, veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvR 1620/22).
Im Streitfall hatte ein Student im November 2020 beim Studentenwerk Frankfurt am Main einen Bafög-Antrag gestellt. Die Behörde lehnte dies ab und verwies auf bestehendes Vermögen des Studenten. Dieser habe von seinem verstorbenen Vater ein Zwölftel des von ihm, seiner Mutter und den beiden Geschwistern bewohnten Einfamilienhauses geerbt. Sein Miteigentumsanteil der Erbengemeinschaft betrage 26.219 Euro und müsse zur Existenzsicherung verkauft, notfalls zwangsversteigert werden. Erst nach Einsatz des Vermögens zum Lebensunterhalt könne Bafög bezogen werden.
Der Student klagte gegen die Entscheidung. Seine Mutter und Geschwister könnten ihn weder für seinen Erbanteil auszahlen, noch seien sie bereit, einer Versteigerung zuzustimmen. Sie würden sonst ohne Bleibe dastehen. Würde er eine Zwangsversteigerung veranlassen, wäre der Familienfrieden zerstört.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Auch wenn die Miterben den Verkauf als „moralisches Hindernis“ empfänden, stellte dies noch keine unbillige Härte dar. Dies bestätigte auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel.
Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde ist „offensichtlich begründet“, entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 21. März 2023. Die Gerichte hätten gegen das Willkürverbot verstoßen. Es bedeute eine „unbillige Härte“, wenn eine Zwangsversteigerung veranlasst werden muss, bei der regelmäßig ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust entsteht. Darauf seien die Vorinstanzen gar nicht eingegangen, so die Verfassungsrichter.
Auch sei nicht berücksichtigt worden, „dass die Mutter und die beiden Brüder des Beschwerdeführers zu einer voraussichtlich unwirtschaftlichen Verwertung ihres Anteils am gemeinsam bewohnten Hausgrundstück gezwungen würden, obwohl sie nicht zum Einsatz ihres Vermögens verpflichtet sind, um dem Beschwerdeführer ein Studium zu ermöglichen“, heißt es weiter in dem Beschluss.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock