KOMMUNALES ABGABENRECHT
Kommunen dürfen keine Verpackungssteuer für Einwegprodukte verlangen
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Mannheim (jur). Kommunen dürfen für Einwegverpackungen generell keine eigene Verpackungssteuer verlangen. Für die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen ist allein der Bundesgesetzgeber zuständig, entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, der am Mittwoch, 13. April 2022, seine Urteilsgründe zur Tübinger Verpackungssteuer veröffentlicht hat (Az.: 2 S 3814/20). Die Mannheimer Richter hatten in ihrem Urteil vom 29. März 2022 die Tübinger Verpackungssteuersatzung für unwirksam erklärt.
Die Universitätsstadt hatte ab Januar 2022 eine Steuer auf Einwegverpackungen erhoben. So wollte die Kommune nicht nur von einem Steuersegen profitieren, sondern auch der zunehmenden Vermüllung des Stadtbildes Einhalt gebieten - etwa wegen weggeworfener „to go“-Verpackungen. Für jede Einweggetränkeverpackung, jedes Einweggeschirrteil und jede sonstige Einweglebensmittelverpackung wurden 50 Cent fällig. 20 Cent fielen für jedes Einwegbesteck-Set an. Der Steuersatz „pro Einzelmahlzeit“ war auf höchstens 1,50 Euro begrenzt. Die Steuer sollte letztlich die Verbraucher dazu bewegen, auf Einwegverpackungen zu verzichten und Mehrweg-Verpackungen den Vorzug geben.
Ein Franchisenehmer eines McDonald’s-Restaurants in Tübingen hielt die kommunale Verpackungssteuersatzung für rechtswidrig. Die Weitergabe der Steuer an die Kunden sei nicht möglich, da diese dann an andere Franchise-Nehmer, etwa im benachbarten Reutlingen, ausweichen würden.
Der VGH gab dem Betreiber der McDonald’s-Filiale nun recht. Die Tübinger Verpackungssteuer sei unwirksam. Die kommunale Steuer stehe im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Der Bund habe ein geschlossenes System mit unterschiedlichen Instrumenten zur Abfallvermeidung und -verwertung geschaffen. Zusatzregelung der Kommunen seien danach ausgeschlossen.
Auch wenn die bundesrechtlichen Regelungen nicht ausreichend zur Verringerung des Verpackungsaufkommens beigetragen haben, sei dies für eine Kommune noch kein Grund, die Versäumnisse in eigener Zuständigkeit zu „verbessern“, so der VGH.
Davon abgesehen, sei die Tübinger Verpackungssteuer auch aus anderen Gründen rechtswidrig. Denn sie gelte nicht nur für Verpackungen für Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, sondern auch beim Verkauf von Produkten zum Mitnehmen. Damit fehle es an einem örtlichen Bezug. Kommunen hätten aber nur eine Gesetzgebungskompetenz für örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuern. Bei Produkten zum Mitnehmen sei ein Verbleib im Gemeindegebiet aber nicht gewährleistet.
Schließlich sei die Steuer-Obergrenze von 1,50 Euro für eine „Einzelmahlzeit“ „nicht ausreichend vollzugsfähig“. So könnte eine korrekte Besteuerung von größeren Sammelbestellungen nur gewährleistet werden, wenn der Konsument auch wahrheitsgemäß erklärt, dass es sich nicht um eine „Einzelmahlzeiten“ handelt, sondern um mehrere.
Der VGH ließ die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock