REISERECHT
Kostenfreier Reiserücktritt bei unsicherer Rückreise
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Reiserücktritt © Symbolgrafik:© Corri Seizinger - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Urlauber müssen eine Reise nicht antreten, wenn die Rückreise absehbar gar nicht oder nur stark erschwert möglich sein wird. Auch wenn Urlauber Hin- und Rückreise getrennt selbst gebucht haben, kann der Veranstalter vor Ort dann keine Stornogebühren verlangen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Freitag, 31. März 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: X ZR 23/22). Das Risiko „außergewöhnlicher Umstände“ habe der Gesetzgeber generell dem Veranstalter auferlegen wollen.
Danach erhält der Kläger den Reisepreis von 2.335 Euro für eine einwöchige Motorradtour durch Marokko ohne Stornoabzug zurück. Bei der Abfertigung am Flughafen am 14. März 2021 hatte ihn die Fluggesellschaft darauf hingewiesen, dass Marokko ab dem 15. März wegen der Coronapandemie den Flughafen von Marrakesch schließe. Daher könne die Fluggesellschaft den Rückflug nicht garantieren.
Daraufhin trat der Kläger seine Reise gar nicht an und sagte auch dem Veranstalter der Motorradtour ab. Der wollte vom Reisepreis allerdings die bei kurzfristiger Stornierung hohen Stornogebühren einbehalten.
Hintergrund des Streits ist eine Gesetzesklausel, wonach Urlauber von ihrer Reise zurücktreten können, wenn „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ die Reise selbst oder „die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen“.
Hier meinte der Veranstalter, das sei nicht der Fall gewesen. Der Hinflug nach Marrakesch sei ja noch möglich gewesen, und auch die Motorradtour habe wie geplant stattfinden können.
Doch der BGH gab nun dem Kläger recht. Die Gesetzesklausel sei so zu verstehen, dass Urlauber kostenfrei zurücktreten können, wenn der Antritt der Reise insgesamt unzumutbar ist. Das könne auch dann der Fall sein, wenn die Hinreise zwar sicher, die Rückkehr aber zweifelhaft ist.
„Sicher ist die Anreise in der Regel nur dann, wenn der Reisende mit hinreichender Gewissheit davon ausgehen kann, dass er nach Ende des Reisezeitraums an den Ausgangsort zurückkehren kann“, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 28. Februar 2023. Hier hätten aber die Fluggesellschaft und auch das Auswärtige Amt darüber informiert, dass Marokko ab dem 15. März 2202 seine Flughäfen und auch die Fährhäfen schließt.
Das Argument des Veranstalters der Motorradtour, die Flüge seien ja gar nicht bei ihm gebucht worden, ließ der BGH nicht gelten. Bei einer Pauschalreise mit Flügen würden Probleme bei der Rückreise ohnehin zum Rücktritt berechtigen. Das zeige, dass die Gesetzesklausel gerade für solche Fälle einer getrennten Buchung gedacht sei. Das Risiko „außergewöhnlicher Umstände“ habe der Gesetzgeber generell den Veranstaltern auferlegen wollen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock