VERFASSUNGSRECHT
Landesverfassungsgericht Brandenburg rügt Corona-Notlagegesetz
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Potsdam (jur). Mit seinem „Notlagegesetz“ zu Beginn der Coronapandemie hat der Landtag Brandenburg dem Landesinnenminister zu weitreichende Befugnisse für Regelungen abseits der Kommunalverfassung gegeben. Das war mit der Landesverfassung nicht vereinbar, wie das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in einem am Freitag, 24. Februar 2023, bekanntgegebenen Beschluss entschied (Az.: VfGBbg 10/21). Es gab damit einem Antrag von 23 AfD-Landtagsabgeordneten teilweise statt. Auf dem Gesetz beruhende Regelungen der Kommunen bleiben danach aber gültig.
Mit dem „kommunale Notlagegesetz“ hatte der Landtag darauf reagiert, dass die Weltgesundheitsorganisation am 11. März 2020 die Verbreitung der Covid-19-Erkrankung zur Pandemie erklärt hatte. Das Gesetz sollte sicherstellen, dass die Kommunen weiter handlungsfähig bleiben.
Danach konnte der Innenminister eine Verordnung erlassen, die verschiedene Abweichungen von der gesetzlichen Kommunalverfassung ermöglicht. Beispiele sind Sitzungen der Kommunalvertretung per Video- oder Telefonkonferenz sowie die Verlagerung von Entscheidungen vom Parlament auf den Hauptausschuss. Auch anstehende Wahlen konnten verschoben werden.
Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte bereits am 17. April 2020 eine Verordnung erlassen, die diese Möglichkeiten weitgehend nutzt. Sie wurde mehrmals verlängert und trat am 30. Juni 2021 außer Kraft.
In seinem Beschluss vom 17. Februar bewertete das Landesverfassungsgericht nicht, ob und inwieweit die einzelnen Maßnahmen verfassungswidrig waren. Es rügte vielmehr, dass der Landtag diese Regelungen nicht selbst getroffen, sondern dem Innenminister überlassen hat. Jedenfalls in einem derart weiten Umfang dürften Abweichungen vom Gesetz aber nicht per Verordnung geregelt werden. Diese Eingriffsmöglichkeiten hätten „zu einer nicht mehr mit der Landesverfassung zu vereinbarenden Gewichtsverschiebung zwischen gesetzgebender und exekutiver Gewalt geführt“.
Dies sei „mit der Landesverfassung unvereinbar“, entschieden die Potsdamer Verfassungsrichter. Für nichtig erklärten sie das Notlagegesetz aber nicht. So konnten sie erreichen, dass alle Regelungen gültig bleiben, die die Kommunen auf der Grundlage des verfassungswidrigen Gesetzes und der Verordnung getroffen haben.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock