VERSICHERUNGSRECHT
Lebensversicherer können bei Altverträgen die Hand aufhalten
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Karlsruhe (jur). Haben Versicherungskunden ihre bis Ende 2007 abgeschlossene Lebensversicherung vorzeitig gekündigt, müssen sie mit deutlichen Abschlägen bei der Rückzahlung von gezahlten Versicherungsbeiträgen rechnen. Die Kunden können oft nur knapp die Hälfte ihrer eingezahlten Beiträge zurückverlangen, urteilte am Mittwoch, 11. September 2013, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.: IV ZR 17/13 und IV ZR 114/13).
Nach einem BGH-Urteil vom 25. Juli 2012 hatten noch Millionen Versicherungskunden auf einen höheren Nachschlag bei gekündigten Lebensversicherungsverträgen gehofft (Az.: IV ZR 201/10; JurAgentur-Meldung vom selben Tag).
Konkret streiten sich die Versicherer mit ihren Kunden, wie die Kosten für den Abschluss einer Lebensversicherung bei einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages berechnet werden. Die Versicherer hatten ursprünglich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt, dass sämtliche Vertragsabschlusskosten, insbesondere Vermittlungsprovisionen, sofort von den gezahlten Beiträgen abgezogen werden. Diese sogenannte Zillmerung hatte zur Folge, dass bei einer frühen Vertragskündigung der Kunde nur einen sehr geringen Teil oder sogar gar nichts von seinen bislang eingezahlten Versicherungsbeiträgen zurück bekam.
Die Vertragsklauseln zur Berechnung der Abschlusskosten hatte der BGH vergangenes Jahr für intransparent und damit für unwirksam erklärt.
In den beiden nun entschiedenen Fällen hatten Verbraucher ihre 2004 abgeschlossene Lebensversicherung bei der Signal Iduna und der HDI Gerling vorzeitig im Jahr 2009 gekündigt. Bei der Berechnung des Rückkaufwertes zogen die Versicherungen jedoch erst sämtliche Abschlusskosten ab.
Dies sei aber rechtswidrig, so die Kläger, die auf die entsprechende BGH-Entscheidung von 2012 verwiesen. Die Versicherer müssten die Abschlusskosten vielmehr auf fünf Jahre verteilen. Dies sei für ab 2008 abgeschlossene Versicherungsverträge laut Gesetz so vorgesehen. Gleiches müsse für Altverträge gelten.
Der BGH folgte dem so nicht und verwies auf eine weitere Entscheidung vom 12. Oktober 2005 (Az.: IV ZR 162/03). Darin hatten die Karlsruher Richter festgelegt, dass der Rückkaufswert nicht den Mindestbetrag von knapp 50 Prozent der gezahlten Beiträge unterschreiten darf. Dies sei für alle bis Ende 2007 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge gültig, die unwirksame Klauseln über die Berechnung der Abschlusskosten enthalten. Die ab 2008 geltenden gesetzlichen Vorschriften, wonach die Kosten über fünf Jahre zu verteilen sind, seien auf die Altverträge nicht anzuwenden. Der Gesetzgeber habe dies bewusst nur für Neuverträge so geregelt.
Die Verbraucherzentrale Hamburg, die mehrere Musterverfahren vor den BGH gebracht hatte, betonte, dass mit den aktuellen BGH-Entscheidungen dennoch viele Versicherungskunden für ihren vorzeitig gekündigten Lebensversicherungsvertrag eine Nachzahlung verlangen können. „Viele Versicherungskunden wissen das gar nicht“, sagte Edda Costelló von der Verbraucherzentrale. Bei rund 3,2 Millionen vorzeitig gekündigten Versicherungsverträgen könnten Verbraucher Nachzahlungsansprüche geltend machen. Die Versicherungen würden von sich aus aber oft nicht zahlen. Jährlich werde so den Kunden 469 Millionen Euro vorenthalten.
Während Autohersteller bei Fehlern Autos von sich aus zurückriefen, verhielten sich die Lebensversicherer mit ihren unwirksamen Klauseln zur Berechnung der Abschlusskosten den Kunden gegenüber mucksmäuschenstill, rügte Costelló. Die Versicherer setzten offenbar vielmehr darauf, dass Ansprüche verjähren. Die Verjährungsfrist betrage hier drei Kalenderjahre.
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