ARBEITSRECHT
Leiharbeiter widerlegen nicht Notwendigkeit von Massenentlassungen
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Mainz (jur). Tauchen nach Massenentlassungen mehrere Leiharbeitnehmer in einem Betrieb auf, deutet dies nicht unbedingt auf rechtswidrige Kündigungen hin. Grund können große Produktionsschwankungen sein, oder auch eine bessere Entwicklung als erwartet, heißt es in einem am Dienstag, 21. Juli 2015, veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz (Az.: 8 Sa 368/14). Maßgeblich seien die Prognosen und die unternehmerischen Entscheidungen im Entlassungszeitpunkt.
Damit wies das LAG einen Entlassenen Arbeiter eines Unternehmens ab, das vormontierte Fertigbäder herstellt, etwa für Heime und Wohnheime. 2013 entschied das Unternehmen, die Produktionskapazitäten von bislang 3.500 auf 2.000 Bäder zurückzufahren. Die bisherigen Stückzahlen seien wegen billigerer ausländischer Konkurrenz nicht mehr zu angemessenen Preisen am Markt zu platzieren.
Mit dem Betriebsrat einigte sich das Unternehmen auf einen Abbau auf 46 Mitarbeiter durch 14 Entlassungen und drei Frühverrentungen. In einem sogenannten Interessenausgleich mit Namensliste wurden die betreffenden Mitarbeiter bereits festgelegt. Dabei blieben Betriebsräte sowie Vorarbeiter und andere Arbeitnehmer mit wichtigen Qualifikationen außen vor; unter den restlichen erfolgte die Auswahl nach sozialen Kriterien.
Der Arbeitnehmer war unter den 14 entlassenen Mitarbeitern. Mit seiner Klage machte er unter anderem geltend, die Produktion liege seit den Entlassungen deutlich über 2.000 Bädern. Die Arbeit in seinem Bereich, dem Rohbau, werde nun von sechs bis zehn Leiharbeitnehmern erledigt.
Das LAG Mainz bestätigte nun zunächst, dass der Arbeitgeber Betriebsräte sowie Beschäftigte mit wichtigen Qualifikationen von den Kündigungen ausnehmen durfte. Gleiches gelte auch für Mitarbeiter, die durch Mehrfachqualifikationen besonders flexibel einsetzbar sind.
Leiharbeitnehmer habe es auch früher schon gegeben, und zwar im Rohbau in stark schwankender Zahl zwischen null und neuen. Die derzeitige Zahl der Leiharbeitnehmer weiche davon nicht so stark ab, dass dies als Beleg für die Behauptung des Klägers gelten könnte, die Unternehmensleitung habe den Betriebsrat über die wirtschaftliche Lage getäuscht.
Entscheidend sei die Prognose im Zeitpunkt der Kündigung. Es könne sein, dass sich die Situation etwas günstiger entwickelt habe, als vorhergesehen. Hierfür müsse ein Unternehmen keine Mitarbeiterreserve in der Stammbelegschaft vorhalten. Grundsätzlich könne jedes Unternehmen frei entscheiden, welche Stückzahlen es produzieren will und wie viele Mitarbeiter hierfür benötigt werden, betonten die Mainzer Richter.
Laut Gesetz liege in einem unter Beteiligung des Betriebsrats erarbeiteten Interessenausgleich mit Namensliste die Vermutung der Richtigkeit. Dies solle bei Massenentlassungen das Verfahren vereinfachen. Arbeitnehmer könnten die Namensliste nur mit einem „Gegenbeweis“ angreifen, eine „Erschütterung“ reiche nicht aus. Ein solcher Gegenbeweis sei dem Kläger nicht gelungen, auch nicht bezüglich der Sozialauswahl, urteilte das LSG.
Gegen dieses jetzt schriftlich veröffentlichte Urteil vom 19. Mai 2015 wurde die Revision nicht zugelassen. Der Kläger hat hiergegen aber Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt (Az.: 6 NZN 630/15) eingelegt.
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