ARBEITSRECHT
Leiharbeitnehmer führen zu mehr Freistellungen für den Betriebsrat
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Mainz (jur). Durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern können Unternehmen nicht die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder gering halten. Denn regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer zählen hier ebenso wie die Stammbelegschaft mit, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 14. Juli 2015 entschied (Az.: 8 TaBV 34/14).
Laut Betriebsverfassungsgesetz haben Betriebsräte in größeren Betrieben Anspruch auf „Freistellungen“. Die betreffenden Betriebsratsmitglieder müssen ihrer regulären Tätigkeit nicht mehr nachgehen und können sich voll der Betriebsratsarbeit widmen. Ab „in der Regel“ 200 Beschäftigten gibt es eine Freistellung, ab 501 Beschäftigten zwei, ab 901 drei und so fort.
Im Streitfall hatte ein Autozulieferer in Rheinland-Pfalz 450 regulär beschäftigte Mitarbeiter. Zudem arbeiten dort seit Jahren 150 Leiharbeitskräfte. Der Betriebsrat meint, die Schwelle von 500 sei überschritten, es stünden ihm daher zwei Freistellungen zu. Der Arbeitgeber dagegen meinte, die Leiharbeitnehmer zählten nicht mit.
Das LAG Mainz gab nun dem Betriebsrat recht. Die Freistellungen trügen dem Umstand Rechnung, dass mit der wachsenden Zahl von Arbeitnehmern auch die Arbeit und Aufgaben des Betriebsrats wachsen. Dieser Arbeitszuwachs gelte auch bei Leiharbeitnehmern, etwa bezüglich verschiedener Mitbestimmungsfragen. Weil die Fluktuation bei Leihkräften meist größer sei, sei der Arbeitsaufwand für den Betriebsrat in der Regel sogar höher als für Beschäftigte der Stammbelegschaft. Dass Leiharbeitnehmer selbst nicht in den Betriebsrat gewählt werden können, habe andere Gründe und spiele hier keine Rolle.
Aus ähnlichen Gründen hatte am 13. März 2013 das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt bereits entschieden, dass Leiharbeitnehmer auch bei der ebenfalls nach der Beschäftigtenzahl gestaffelten Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen sind (Az.: 7 ABR 69/11; JurAgentur-Meldung von Entscheidungstag).
Am 4. November 2015 hatte das BAG zudem entschieden, dass regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer auch bei den Schwellenwerten für die Mitbestimmung berücksichtigt werden kann. Konkret hatte das BAG dies beim Wahlverfahren zur Arbeitnehmerbank des Aufsichtsrats bejaht (Az.: 7 ABR 42/13, JurAgentur-Meldung vom Entscheidungstag). Daher naheliegend aber abschließend noch nicht entschieden ist, dass dies auch für die Größe der Arbeitnehmerbank gilt. So ist in Aktiengesellschaften mit über 500 Beschäftigten der Aufsichtsrat zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen, über 2.000 Beschäftigten zur Hälfte.
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