ARBEITSRECHT
Männerdiskriminierung durch Begünstigung von Frauen bei Betriebsrente?
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Männerdiskriminierung durch Begünstigung von Frauen bei vorgezogener Inanspruchnahme einer Betriebsrente?
Es ist für eine Übergangszeit nicht verfassungswidrig, daß der Gesetzgeber für Frauen ein früheres Rentenzugangsalter vorgesehen hat und teilweise noch vorsieht als für Männer. Betriebsrentenzusagen dürfen sich an dieser Rechtslage orientieren. Dies führt in bestimmten Fällen dazu, daß Frauen höhere Betriebsrenten als Männer unter ansonsten gleichen Bedingungen erhalten. Dies verstößt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgericht weder gegen Europarecht noch gegen Art. 3 des Grundgesetzes noch gegen das Lohngleichheitsgebot des § 612 Abs. 3 BGB, soweit die Vorteile auf Beschäftigungszeiten bis zum 17. Mai 1990 zurückgehen (Urteil des Gerichtshofs in Sachen Barber). Dasselbe gilt, wie der Dritte Senat nun entschieden hat, wenn die betriebliche Versorgungsordnung zwar dasselbe Rentenzugangsalter für Männer und Frauen festlegt, für den Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente vor Erreichen dieser festen Altersgrenze aber für Frauen niedrigere - versicherungsmathematische - Abschläge als für Männer vorsieht.
Der Dritte Senat hatte über die Klage eines Betriebsrentners zu entschieden, der wegen Schwerbehinderung mit Vollendung des 60. Lebensjahres vorgezogene gesetzliche und betriebliche Rente in Anspruch genommen hatte. In der Versorgungsordnung der beklagten Arbeitgeberin ist eine einheitliche feste Altersgrenze von 65 Jahren vorgesehen. Für den Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme sind bei Männern versicherungsmathematische Abschläge in nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelter Höhe von 0,45 bis 0,15 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme vorgesehen; soweit die Betriebsrente vor Vollendung des 63. oder - bei Schwerbehinderten - 62. Lebensjahres abgerufen wird, soll sich der Abschlag einheitlich auf 0,5 % pro Monat belaufen. Für Frauen ist in jedem Falle nur ein Abschlag von 0,15 % pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme vorgesehen. Der Kläger hat - neben einem anderen angeblichen Berechnungsfehler - geltend gemacht, auch bei ihm dürfe nur der günstigere versicherungsmathematische Abschlag für Frauen zu Grunde gelegt werden.
Während das Landesarbeitsgericht ihm Recht gab, hat das Bundesarbeitsgericht die Klage ebenso wie das Arbeitsgericht abgewiesen. So wie es vorübergehend nicht gegen Diskriminierungsverbote verstößt, für Frauen ein früheres Renteneintrittsalter als für Männer vorzusehen, ist es auch statthaft, den früheren Rentenzugang für Frauen durch niedrigere Abschläge in geringerem Umfang zu erschweren als bei Männern, soweit sich diese Ungleichbehandlung entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nur auf die Beschäftigungszeiten bis zum 17. Mai 1990 beschränkt. Dies hat die Beklagte durch eine korrigierte Betriebsrentenberechnung sicher gestellt: Sie hat die höheren versicherungsmathematischen Abschläge nur bei dem Teil des Betriebsrentenanspruchs des Klägers angewandt, der bis zum 17. Mai 1990 erdient worden war; der in der Zeit danach erworbene Betriebsrententeil wurde um den niedrigeren versicherungsmathematischen Abschlag für Frauen gekürzt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. September 2003 - 3 AZR 304/02 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 20. November 2001 - 6 Sa 924/00 -