VERGABERECHT
Mehr an Eignung im Rahmen des zweistufigen Verfahrens gemäß § 10 VOF
Autor: WHS Rechtsanwälte - Kanzlei
Die Vergabestelle schrieb Architektenleistungen (Leistungsphasen 1 bis 3 nach § 3 Abs. 4 HOAI) im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens für den Neubau aus, wobei die Vergabestelle von einem Honorarvolumen von 250.000,00 Euro in einem Zeitraum von 2 Jahren ausgegangen war. In den Bewerbungsunterlagen mussten die Bieter Nachweise zu den Erfahrungen mit einer eingetragenen Matrix ausfüllen. Unter anderem würden die Anzahl der Mitarbeiter sowie der Gesamtumsatz abgefragt. Die höchste Punktzahl bei einem Umsatz konnte erst ab 2.000.000,00 Euro erreicht werden und bei der Mitarbeiterzahl erst ab 15 Beschäftigten.
Auf der ersten Stufe eines zweistufigen Verfahrens gemäß § 10 VOF ist eine quantitative Wertung von Eignungskriterien im Grundsatz zulässig. Zweck dieser ersten Stufe ist es, aus einer größeren Gruppe von grundsätzlich geeigneten Bietern, die für den konkreten Auftrag besonders geeigneten Bieter herauszufiltern. Im Rahmen des § 10 VOF darf insbesondere an ein „Mehr an Eignung“ abgeprüft und berücksichtigt werden. Nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern lagen im vorliegenden Fall aber der Ausschreibung massiv überzogene Forderungen zugrunde, die von einem Ermessenspielraum der Vergabestelle nicht mehr gedeckt gewesen ist. Bei einem ausgeschriebenen Gesamthonorar von jährlich 125.000,00 Euro muss ein Bieter 16 vergleichbare Projekte gleichzeitig planen, um für sich die Höchstpunktzahl zu erhalten. Gemäß § 5 Abs. 1 VOF dürfen zum Nachweis der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nur Unterlagen und Angaben gefordert werden, die durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind. Da die Vergabestelle übers Ziel hinausgeschossen war, wurde die Ausschreibung aufgehoben.
Rechtsanwalt Wolfgang Schlumberger
Fachanawalt für Bau- und Architektenrecht
www.baubegleitende-rechtsberatung.de