SOZIALRECHT
Mehr schulische Chancengleichheit für Hartz-IV-Kinder
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Chemnitz (jur). Die Jobcenter müssen Kindern in Hartz-IV-Familien Nachhilfeunterricht bezahlen, wenn die Schule dies mit einer positiven Versetzungsprognose verbindet. Die Kinder dürfen dann nicht an eine Förderschule verwiesen werden, wie das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in Chemnitz in einem am Montag, 22. Dezember 2014, bekanntgegebenen Eilbeschluss vom 18. Dezember 2014 entschied (Az.: L 2 AS 1285/14 B ER).
Geklagt hatte ein 12-jähriger Junge, der bei seinem Vater lebt. Beide sind auf Hartz IV angewiesen. Der Junge besucht die sechste Klasse einer Regelschule. Er hat eine Leserechtschreibschwäche und daher schulische Probleme in Deutsch, aber auch in Mathematik. Die Schule ist der Überzeugung, dass der Junge die Versetzung in die nächste Klasse erreichen kann, wenn er in beiden Fächern Nachhilfeunterricht bekommt.
Das Jobcenter hatte bislang schon Nachhilfestunden bezahlt, lehnte nun eine weitere Kostenübernahme aber ab. Dauerhafte Leistungen für Nachhilfe seien vom Gesetzgeber nicht gewollt. Zudem werde der Junge den Abschluss wohl eh nicht schaffe; daher sei er in einer Förderschule besser aufgehoben. Jedenfalls sei eine sichere Prognose zu Beginn des Schuljahres noch nicht möglich.
Wie schon das Sozialgericht Dresden hat dem nun auch das LSG Chemnitz deutlich widersprochen. Im Eilverfahren sprach das LSG dem Jungen weitere Nachhilfe zunächst bis Ende Februar 2015 zu.
Zur Begründung erklärte das LSG, ohne weitere Lernförderung drohten dem Kind „wesentliche Nachteile“. Nach Einschätzung der Lehrer sei eine kontinuierliche Förderung notwendig, um den Lernerfolg zu sichern. Bislang sei dies erfolgreich gewesen, und die Schule gehe davon aus, dass der Junge so die Versetzung und vermutlich auch den Hauptschulabschluss schafft. Eine solche Prognose sei auch im ersten Schulhalbjahr bereits möglich.
Diese Prognose der Schule stehe auch der Einschätzung des Jobcenters entgegen, der Junge werde den Abschluss eh nicht schaffen und sei daher in einer Förderschule besser aufgehoben. Bislang sei dank Nachhilfe die Integration des Jungen in der Regelschule gelungen; ein Wechsel auf die Förderschule sei daher „gerade nicht angezeigt“.
Ähnlich hatte auch das Sozialgericht (SG) Dortmund entschieden, dass die Jobcenter die Kostenübernahme für Nachhilfeunterricht nicht auf zwei Monate begrenzen dürfen (Urteil vom 20. Dezember 2013, Az.: Az.: S 19 AS 1036/12; JurAgentur-Meldung vom 17. Februar 2014). Das LSG Celle hatte sogar eine Begrenzung auf sieben Monate für unzulässig gehalten (Urteil vom 28. März 2014, Az.: L 25 AS 62/13 B ER; JurAgentur-Meldung vom 2. September 2014).
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