STEUERRECHT
Miteigentum an Immobilie ist weniger Wert als rechnerischer Anteil
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Münster (jur). Wenn ein Verstorbener einen Miteigentumsanteil an einer Immobilie vermacht, ist der Wert für die Erbschaftsteuer geringer anzusetzen als der rechnerische Anteil. Für die schlechtere Verwertbarkeit eines Miteigentums ist ein „Marktanpassungsabschlag“ anzusetzen, wie das Finanzgericht (FG) Münster in einem am Montag, 16. Januar 2023, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 3 K 1201/21 F).
Der Kläger hatte 2016 zusammen mit seinem Bruder die Hälfte eines Hausgrundstücks geerbt. 2019 starb der Miteigentümer. Im Wege des Vermächtnisses vermachte er dem Kläger seinen hälftigen Miteigentumsanteil. Ein Vermächtnis ist eine testamentarische Zuwendung, ohne dass der Bedachte als Erbe eingesetzt ist.
Ein Gutachter schätzte den Wert der Immobilie auf 150.000 Euro. Der Miteigentumsanteil sei allerdings schlechter zu verkaufen als eine ganze Immobilie. Daher sei ein Abschlag von 20 Prozent vorzunehmen, der Miteigentumsanteil habe einen Wert von 60.000 Euro.
Das Finanzamt erkannte den Abschlag nicht an. Für die Erbschaftsteuer ging es daher von der Hälfte des Gesamtwerts der Immobilie aus: 75.000 Euro.
Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Münster Erfolg. Wegen der „niedrigeren Verkehrsfähigkeit eines Miteigentumsanteils“ sei ein Abschlag von hier 20 Prozent gerechtfertigt.
Zur Begründung erklärte das FG, das vom Kläger eingereichte Gutachten sei plausibel und entsprechen den üblichen Bewertungsvorschriften. Es sei daher geeignet, den durch einen Abschlag geminderten Wert des Miteigentumsanteils nachzuweisen. Das Gesetz lasse seit 2017 eine Bewertung unterhalb des rechnerischen Anteils auch zu.
Eine „Bruchteilsgemeinschaft“ führe zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand. Für Dritte als Erwerber sei dies auch mit hohen Risiken verbunden. Der Abschlag von 20 Prozent sei daher auch der Höhe nach gerechtfertigt.
Gerade der konkrete Fall mache dies deutlich: Weil das Haus wertlos gewesen sei, sei eine Verwertung des Grundstücks nur durch Abriss und Neubau möglich gewesen. Dies hänge aber von der Mitwirkung aller Eigentümer ab.
Gegen sein auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil vom 24. November 2022 ließ das FG Münster die Revision zum Bundesfinanzhof in München zu. Zu einer früheren, bis Ende 2016 geltenden Gesetzesfassung hatte der BFH entschieden, dass der Wert eines Miteigentumsanteils nicht niedriger sein kann als der rechnerische Anteil (Beschluss vom 22. Juli 2005, Az.: II B 58/05).
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock