ZIVILRECHT
Nachbarn müssen reflektierende Solardächer dulden
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Braunschweig (jur). Nachbarn müssen das Sonnenlicht reflektierende Photovoltaikanlagen aushalten. Denn nach dem Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ stellen die Reflexionen keine „wesentliche Beeinträchtigung“ dar, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig in einem am Mittwoch, 10. August 2022, veröffentlichten Urteil (Az.: 8 U 166/21). Es existierten hierzu auch keine durch Gesetze oder Richtlinien festgelegten Richtwerte zur Lichtbelastung infolge reflektierender Solardächer.
Im konkreten Fall hatte ein Nachbar eines Grundstückseigentümers aus dem Raum Göttingen geklagt. Die Photovoltaikanlage des Eigentümers würde Teile seines Hauses unzumutbar blenden. Nach bestehenden technischen Normen und Regelwerken würden die Grenzwerte für Lichtemissionen/-immissionen überschritten. Der Grundstückseigentümer müsse die Reflexionen seiner Photovoltaikanlage beseitigen, forderte der Nachbar.
Doch so schlimm sind die von der Photovoltaikanlage ausgehenden Reflexionen des Sonnenlichts gar nicht, befand nach Einholung eines Sachverständigengutachtens das OLG in seinem Urteil vom 14. Juli 2022. Die vom Kläger angeführten Regelwerke, etwa von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, seien nicht verbindlich und hier auch nicht anwendbar.
Letztlich komme es darauf an, ob ein „verständiger Durchschnittsmensch“ die Reflexionen als eine „wesentliche Beeinträchtigung“ ansehe. Davon sei aber nicht auszugehen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen seien in dem Wohnraum des Nachbarn insgesamt nur an 60 Tagen im Jahr und insgesamt unter 20 Stunden jährlich Reflexionen verursacht worden. Bei einem Ortstermin des Gutachters konnte auch nur eine Aufhellung festgestellt werden, „ohne dass eine Blendung des Auges gegeben war“, betonte das OLG.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock