STAATS- UND ORGANISATIONSRECHT
„Notausschuss“ des Kieler Landtags verfassungsgemäß
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Schleswig (jur). Das Land Schleswig-Holstein durfte in seiner Landesverfassung einen „Notausschuss“ des Landtags einrichten. Das Not-Parlament muss allerdings von allen Abgeordneten gewählt werden, wie am Freitag, 25. März 2022, das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht in Schleswig entschied (Az.: LVerfG 4/21).
Der Kieler Landtag hatte den Notausschuss am 26. März 2021 mit breiter Mehrheit beschlossen. Er soll im Fall schwerer Katastrophen oder einer epidemischen Lage von überregionaler Tragweite die Handlungsfähigkeit des Landtags sicherstellen, wenn auch ein in Teilen virtuelles Zusammentreten des gesamten Parlaments nicht möglich ist. Dabei sieht der neue Artikel 22a der Landesverfassung vor, dass der Notausschuss die Mehrheitsverhältnisse des Landtags abbildet.
Eine fraktionslose Abgeordnete sah dadurch das Demokratieprinzip und ihre Rechte verletzt. Ein Großteil der Abgeordneten werde so von wichtigen Entscheidungen ausgeschlossen. Weil die Abgeordneten von den Fraktionen bestimmt würden, habe sie zudem keine Chance, in den Ausschuss gewählt zu werden.
Das Landesverfassungsgericht entschied nun, dass ein solches Notparlament zulässig ist. Insbesondere das Demokratieprinzip werde nicht verletzt. Zwar werde das Abstimmungsrecht der Antragstellerin eingeschränkt. „Diese Einschränkung ist aber dadurch gerechtfertigt, dass mit dem Notausschuss die Funktionsfähigkeit des Landtags unter Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse im Plenum sichergestellt werden soll“, entschieden die Schleswiger Richter. Auch dies sei ein Ziel von Verfassungsrang.
Die Einrichtung des Notausschusses sei auch nicht unverhältnismäßig, um dieses Ziel zu erreichen. Das Tätigwerden des Notparlaments sei an enge Voraussetzungen geknüpft sowie zeitlich und inhaltlich begrenzt. Insbesondere dürfe es weder die Verfassung ändern, noch ein konstruktives Misstrauensvotum abhalten oder anstelle des Landtags Wahlen durchführen.
Nach dem Schleswiger Urteil ist auch das Verfahren zur Besetzung des Ausschusses verfassungsgemäß. Dabei dürften allerdings nicht allein die Fraktionen über die Zusammensetzung des Notparlaments entscheiden. Der neue Verfassungsartikel lasse sich aber auch so auslegen, „dass die Mitglieder des Notausschusses durch den Landtag gewählt werden müssen“.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock