Nur eine offensichtlich rechtswidrige Zusage bindet das Finanzamt nicht
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Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Zusicherungen des Finanzamts gegenüber dem Steuerpflichtigen nichtig und damit nicht bindend, wenn sie klar dem Gesetz widersprechen. Hierzu zählen jedoch nur solche Auskünfte, die in einer solchen Weise offensichtlich rechtswidrig sind, dass der Steuerpflichtige die Rechtswidrigkeit erkennt oder erkennen kann.
Diese Grundsätze hat der BFH nun im Urteil vom 16. Juli 2002 IX R 28/98 erneut bestätigt und einer Kommanditgesellschaft (KG) Recht gegeben, die auf die Auskunft eines Finanzamts vertraut hatte.
Die KG sollte wirtschaftliche Bauherrin eines Seniorenheims sein, das ein gemeinnütziger Verein als Treuhänder errichten und betreiben sollte. Der Verein sollte nach außen als Grundstückseigentümer, Bauherr und Kreditnehmer auftreten, dabei aber für Rechnung der KG tätig werden und an ihre Weisungen gebunden sein. Der Gründungskommanditist der KG hatte sich seinerzeit schriftlich an das damals zuständige Finanzamt gewandt, das Projekt im Einzelnen geschildert, die maßgeblichen Verträge eingereicht und um Mitteilung gebeten, ob die KG auch nach Auffassung des Finanzamts als Bauherrin i. S. von § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes anzusehen sei. Das Finanzamt bestätigte im Anschluss an eine Besprechung mit einem u.a. vom Vorsteher abgezeichneten Aktenvermerk die Rechtsauffassung des Gründungskommanditisten und teilte ihm dies telefonisch mit. Daraufhin verzichtete er auf eine schriftliche Bestätigung. Ein später zuständig gewordenes anderes Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, die KG könne nicht als Bauherrin angesehen werden.
Der BFH sah die vom ursprünglich zuständigen Finanzamt erteilte Zusage über die Bauherreneigenschaft nach dem Grundsatz von Treu und Glauben als bindend an. Der Gründungskommanditist der KG habe diesem Finanzamt den geplanten und später verwirklichten Sachverhalt zutreffend und vollständig geschildert. Die Auskunft sei vor der tatsächlichen Ausführung der geplanten und zum Gegenstand der Auskunft gemachten Konzeption erteilt worden. Daraus, dass der vom Vorsteher abgezeichnete Aktenvermerk dem Gründungskommanditisten zwar telefonisch bekanntgegeben, ihm gegenüber aber nicht schriftlich bestätigt worden sei, könne nicht auf einen fehlenden Bindungswillen des Finanzamts geschlossen werden. Die Bindung entfalle auch nicht deshalb, weil die Auskunft rechtlich unzutreffend gewesen sei. Eine erkennbar offensichtlich rechtswidrige Auskunft liege nicht vor. Hiergegen spreche bereits, dass auch das Finanzgericht die KG als Bauherrin beurteilt habe.