PFLEGEVERSICHERUNG
Pflegegeld darf geringer als Sachleistungen sein
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Karlsruhe (jur). Das für die Angehörigenpflege gezahlte Pflegegeld darf deutlich geringer sein, als die von der Pflegekasse bezahlte Pflege eines professionellen Pflegedienstes. Die unterschiedliche Höhe von Pflegegeld und Pflegesachleistungen verstößt nicht gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz und dem Schutz von Ehe und Familie, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 17. April 2014, veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvR 1133/12).
Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Pflegebedürftige von der Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld erhalten und damit ihre Pflege selbst organisieren. Die Pflege kann dann von Familienangehörigen, ehrenamtlichen Pflegehilfen oder frei ausgesuchten Pflegekräften durchgeführt werden.
Alternativ können Pflegebedürftige von der Pflegekasse Pflegesachleistungen beanspruchen. In diesem Fall sichert ein externer ambulanter Pflegedienst die häusliche Pflege. Die Pflegekasse ist dabei vertraglich mit dem Pflegedienst oder einzelnen Pflegekräften verbunden. Die Bezahlung des Pflegedienstes ist dabei deutlich höher, als das Pflegegeld, welches die Angehörigen für ihre Pflege erhalten können.
Im jetzt entschiedenen Rechtsstreit hatten zwei Frauen aus dem Raum München ihren Ehemann beziehungsweise Vater bis zu seinem Tod am 1. März 2008 zu Hause gepflegt. Die private Pflegeversicherung des Mannes zahlte damals entsprechend der Pflegestufe III für selbst beschaffte Pflegehilfen monatlich 665 Euro Pflegegeld (seit 2012 werden 700 Euro gezahlt).
Hätte die Kasse dagegen selbst einen professionellen, mit ihr vertraglich gebundenen Pflegedienst beauftragt, wären viel höhere Aufwendungen erstattet worden. In diesem Fall hätte die Pflegekasse für Leistungen bis zu 1.432 Euro monatlich gezahlt (seit 2012 beträgt der Satz bis zu 1.550 Euro).
Die zwei Beschwerdeführerinnen wollten für die Pflege ihres Vaters jedoch genauso viel erhalten, wie die Pflegekasse für einen Pflegedienst bezahlt. Die ungleiche Bezahlung verstoße gegen den Gleichheitssatz und gegen den Schutz von Ehe und Familie.
Das Bundesverfassungsgericht hielt die unterschiedliche Höhe von Pflegegeld und Pflegesachleistungen jedoch für verfassungsgemäß. Pflegebedürftige könnten selbst wählen, ob sie die häusliche Pflege durch einen von der Pflegekasse beauftragten Pflegedienst oder durch selbst ausgewählte Pflegepersonen organisieren. Das Pflegegeld stelle bei der Angehörigenpflege kein Entgelt dar, sondern sei nur eine Anerkennung und unterstützende Leistung.
Dahinter stehe der Gedanke, dass familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege grundsätzlich ohne finanzielle Gegenleistung erbracht wird. Der Gesetzgeber habe hier zu Recht eine „gegenseitige Beistandspflicht“ von Familienangehörigen unterstellt. Es gehöre daher zur „sozialpolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers“, dass das Pflegegeld in vergleichsweise niedrigerer Höhe gewährt werde.
Der Staat habe nicht die Pflicht, Pflegegeld und Pflegesachleistungen gleich zu fördern. Er könne den „familiären Zusammenhalt“ auch dadurch verwirklichen, „dass er den Pflegebedürftigen die Wahl zwischen den verschiedenen Formen der Pflege lässt, und wegen der besonderen Pflichtenbindung von Familienangehörigen das Pflegegeld lediglich als materielle Anerkennung vorsieht“, so die Karlsruher Richter in ihrer Entscheidung vom 26. März 2014.
Habe sich der Pflegebedürftige entschieden, seine Pflege durch einen Pflegedienst vornehmen zu lassen, könne diese dagegen nur „bei ordnungsgemäßer Vergütung der Pflegekräfte sichergestellt“ werden. Daher sei ein höherer Satz gerechtfertigt.
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