STEUERRECHT
Pflegetätigkeit für Erbschaft kann Steuer mindern
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München (jur). Pflegen regelmäßig Angehörige oder auch fremde Personen ohne jeglichen Lohn einen hilfebedürftigen Menschen, können sie für eine im Gegenzug in Aussicht gestellte Erbschaft die spätere Erbschaftsteuer mindern. Um den gesetzlichen Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuer geltend machen zu können, müssen die erbrachten Pflegeleistungen aber „schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht werden“, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 20. November 2013, veröffentlichten Urteil (Az.: II R 37/12).
Bei Erbschaften sieht das Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz unterschiedliche Freibeträge vor. So haben Ehepartner und eingetragene Lebenspartner bei einer Erbschaft einen Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro, Eltern und Großeltern in Höhe von 200.000 Euro und nicht verwandte Personen einen Freibetrag von nur 20.000 Euro.
Auf über diese Freibeträge hinausgehende Beträge wird Erbschaftsteuer fällig. Zusätzlich zu diesen Freibeträgen kann aber auch noch ein Pflegefreibetrag von bis zu 20.000 Euro geltend gemacht werden, vorausgesetzt man hat den verstorbenen Erblasser vor seinem Tod regelmäßig unentgeltlich oder gegen einen unzureichenden Lohn gepflegt.
Im vom BFH entschiedenen Rechtsstreit hatte der Kläger eine 1920 geborene, nicht mit ihm verwandte hilfebedürftige Frau jahrelang betreut. Er unterstützte sie im Haushalt, erledigte Botengänge und Schriftverkehr und begleitete die Frau zu Arztbesuchen und Behördengängen. Seit Mai 2009 wurde die Frau in der Pflegestufe I und seit Juli 2009 in Pflegestufe II eingeordnet. Als sie fünf Monate später starb, vermachte sie ihrem Helfer zwei Eigentumswohnungen im Wert von insgesamt 103.104 Euro.
Das Finanzamt forderte daraufhin Erbschaftsteuer in Höhe von 21.270 Euro. Dabei berücksichtigte der Fiskus jedoch nur einen Pflegefreibetrag von 755 Euro. Begründung: Der Pflegefreibetrag könne nur bei Vorliegen einer Pflegestufe und nur bis zum Zeitpunkt einer vollstationären Pflege gewährt werden. Die Verstorbene sei jedoch lange Zeit gar nicht pflegebedürftig gewesen, so die Behörde.
Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 11. September 2013 hat der BFH dem klar widersprochen. Eine Pflegestufe des Erblassers sei nicht erforderlich. Es reiche eine Hilfebedürftigkeit wegen Krankheit, Behinderung oder auch wegen Alters aus. Bei Personen ab dem 80. Lebensjahr sei grundsätzlich von einer Hilfebedürftigkeit auszugehen.
Um den Freibetrag beanspruchen zu können, müssen die Pflegeleistungen „Geldwert“ haben und über einen längeren Zeitraum erbracht worden sein. Die Pflegeperson müsse Art, Dauer, Umfang und Wert der Pflegeleistungen „schlüssig darlegen und glaubhaft machen“, so der BFH. Dann könne auch die Höhe des Pflegebeitrages bestimmt werden.
Die Pflege umfasse dabei nicht nur die Bereiche der Körperpflege oder der Ernährung und Mobilität. Auch die hauswirtschaftliche Versorgung oder andere Hilfeleistungen wie Botengänge, die seelische Betreuung oder auch die Erledigung schriftlicher Angelegenheiten seien mit umfasst.
Weil im Streitfall keine konkreten Nachweise über den Umfang der Pflege vorlagen, hatte das Finanzgericht diese auf 315 Stunden in den letzten fünf Jahren Geschätzt. Jede Stunde sei dabei mit 15 Euro zu bewerten. Dies entspreche in etwa der Vergütung, die ein gemeinnütziger Verein für vergleichbare Leistungen berechnet. Insgesamt ergebe sich so einen Pflegefreibetrag von 4.725 Euro und eine Verringerung der Erbschaftsteuer auf 20.070 Euro. Dies hat der BFH nun bestätigt.
Quelle: www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage