MIETRECHT
Polen: Triple-Net Lease Mietverträge über Geschäftsräume
Autor: Guido Reker - Deutsche Kanzlei in Polen
In Polen sind die sog. Triple Net –Lease Mietverträge weitaus üblicher als wohl z.B. in Deutschland. Diese werden insbesondere bei Geschäftsgebäuden verwendet, die im Besitz institutioneller Anleger sind oder an einen solchen verkauft werden sollen.
Diese Form von Mietverträgen, etwa für Flächen in modernen Geschäftshochhäusern in Warschau, mag für denjenigen einige Überraschungen bieten, der eher klassische deutsche Gewerbemietverträge gewöhnt ist.
Was sind Triple net Lease Mietverträge?
Triple net lease Verträge stammen ursprünglich aus den USA. Diesen ist eigentümlich, dass alle mit dem Objekt anfallenden Betriebs- und Verwaltungskosten (im weitesten Sinne) auf den Mieter abgewälzt werden. Diese Kosten werden jährlich abgerechnet und flächenanteilig auf die Mieter umgelegt. Der Mieter leistet auf diese monatliche Vorauszahlungen.
Basismiete
Triple net lease Verträge sind so angelegt, dass der Mieter zunächst einen Basismietzins bezahlt. Dieser wird zumeist als Nettobetrag je Quadratmeter angeben.
Mit dieser Miete wird meist Werbung gemacht („Miete 20 EUR/qm“) und viele Interessenten vergleichen diese fälschlicherweise mit einer „Quadratmetermiete“ in Deutschland. Sie meinen dann mitunter, ein „Schnäppchen“ vor sich zu haben.
Gesamtmietfläche größer als reine Nutzmietfläche
Wichtig ist aber, dass sowohl der Basismietzins als auch die Kostenumlage nicht nur für die angemietete reine Nutzfläche und etwaige Nebenflächen (Bsp. Büroräume und etwaige Archivräume) zu zahlen ist.
Standardmäßig wird der tatsächlichen Nutzfläche ein sogenannter „add-on-factor“ hinzugerechnet. Dieser kann zwischen 4% und über 10% liegen.
Zudem gibt es Mietverträge, bei denen zusätzlich zur reinen Nutzfläche auch noch „floor space“, also Flächen aus den Verbindungsfluren außerhalb der eigentlichen Mieträume, in die Mietflächenberechnung eingestellt wird. Dabei wird die qm-Zahl der reinen Nutzfläche um eine Teilfläche an dem floor space erhöht. („Flurmiete“)
Damit setzt sich die für die Berechnung der Grundmiete (base rent) und der Kostenumlage maßgebliche Fläche wie folgt zusammen:
(Nutzungsfläche + floor space) erhöht um den Add on factor = Gesamtmietfläche
(Beispiel: 400 qm + 45 qm + 5% (22,25 qm) = 467,25 qm.
Damit wir die „mietzinspflichtige“ Fläche gleich mal um 16,75 % grösser.
Wer in unserem Beispiel also 400 qm sucht und eine monatliche Base Rent von 20 EUR/ qm/ angeboten erhält, würde also monatlich nicht 8.000 EUR, sondern 9.350 EUR zahlen. Umgerechnet auf die reine Nutzfläche würde die Base Rent also schon 23,38 EUR/qm betragen!!
Umlage aller mit dem Gesamtgebäude anfallenden Betriebs- und Verwaltungskosten
Wie oben bereits ausgeführt, ist es dem Triple net lease Vertrag eigen, dass möglichst alle mit dem Objekt anfallenden Betriebs- und Verwaltungskosten (im weitesten Sinne), und nicht nur bestimmte (wie etwa in der deutschen Betriebskostenverordnung) umgelegt werden. Dazu gehören auch Kosten, die in Deutschland typischerweise als von dem Vermieter zu tragen verstanden werden.
Umlagefaktor
Maßgebliche Flächen für die Berechnung des Umlagefaktors (der darüber entscheidet, welche Betriebs und Verwaltungskosten auf das konkrete Mietverhältnis umgelegt werden) sind
Gesamtmietfläche ./. Gesamtgebäudefläche
Häufig werden beide Flächenangaben in Mietverträgen als vorbehaltlich einer abschließenden Vermessung nach Mietbeginn bestimmt..
Umlage von Leerstandkosten auf vorhandene Mieter
Variable Gesamtgebäudefläche
Zudem gehen manche Vermieter dazu über, die Gesamtgebäudefläche als nach ihrem Ermessen variabel zu bestimmen. Durch Erhöhung der Gesamtmietfläche und Reduzierung der Gesamtgebäudefläche ist natürlich dann die Möglichkeit eröffnet, auf die Mieter höhere Kostenbeträge umzulegen.
Theoretisch ein Einfallstor für den Vermieter, einen höheren Anteil der Betriebskosten für unvermietete Flächen auf die vorhanden Mieter abzuwälzen.
Variable Flurmiete
Eine andere Methode, bei vorhandenen Mietern Basismietzins (Base Rent) und Kostenumlage für nicht vermietete Flächen „hereinzuholen“, besteht in manchen Verträgen darin, die „Flurmiete“ variabel zu gestalten.
Dabei wird die Gesamtfläche des Flurs auf einer Gebäudeetage auf die vorhandenen Mieter auf einer Etage umgelegt, und zwar anteilig nach deren Nutzungsmietflächen
Bsp.:
- Gesamtnutzfläche der Etage: 1200 qm;
- Gesamtflurfläche der Etage: 200 qm;
- vier Mieter zu je 300 qm Nutzfläche = 50 qm Flurmietfläche für jeden Mieter.
Fällt nun ein Mieter weg, oder bleiben 300 qm Nutzfläche unvermietet, so erhöht sich die Flurmietfläche (und damit die mietzins-und kostenumlagepflichtige) Gesamtmietfläche für jeden der verbleiben Mieter um 16,7 qm.
Anders gesagt, der Vermieter „kassiert“ bei Leerstand zusätzlichen Basismietzins und Kostenumlage für „unvermieteten Fluranteil“.
Die Gesamtmietfläche kann sich dabei auch im Laufe des Mietverhältnisse erhöhen (wenn ein Mieter auf der gleichen Etage wegfällt) oder verringern (wenn bei Leerstand auf der Etage ein weiterer Mieter hinzukommt). Entsprechend variieren dann die Gesamt-Basismiete und die Gesamtkostenumlage (und damit der monatliche Kostenvorschuss).
Sonstige Eigenarten
Wie bereits gesagt, stammt das Konzept des Triple net lease – Vertrags aus den USA. Folglich entsprechen auch Mietvertragsmuster anglo-amerikanischem Vorbild. So gehen dem eigentlichen Vertragstext bereits über mehrere Seite Definitionen der Vertragsbegriffe voraus, in denen schon der eine oder andere „Fallstrick“ enthalten ist. Der Hauptvertrag kann an die 50 Seiten umfassen. Hinzu kommt eine mehrseitige Hausordnung, sowie eine – zumeist nicht abschließende – Aufzählung der umlagefähigen Betriebskosten.
Die maßgeblichen Gesamtregelungen ergeben sich dabei häufig aus einer Zusammenschau mehrerer Vorschriften des Hauptvertrags und der Vertragsanlagen.
Mit ausländischen Interessenten wird dann häufig ein englischsprachiges Vertragsmuster verhandelt. Die unterschriftsreife Vertragsfassung wird dann in polnische Sprache übersetzt. Dabei empfiehlt es sich, die polnische Fassung von einem sprach- und mietrechtskundigen Fachmann überprüfen zu lassen.
Verhandlungsziele
Bei Verhandlungen über einen Triple net lease Vertrag muss versucht werden, die Variabilität von Berechnungskomponenten für den Gesamtbruttomietzins (variable Flurmietfläche, variable Gesamtgebäudefläche, monatlicher Gesamtumlagebetrag je qm) auszuschließen oder zumindest durch Höchstbeträge einzuschränken. Ansonsten kann man als Mieter im Laufe des Mietverhältnisses einige Überraschungen erleben.
Zudem können noch weitere eher mieterunfreundliche Vertragsvorschriften vorkommen, die dem Leitbild des deutschen Mietrechts und damit wohl auch den einschlägigen deutschen Klauselverboten widersprechen. Auch hier ist Aufmerksamkeit und energisches Verhandeln geboten.