ASYLRECHT
Recht auf Nachzug der Eltern gilt auch bei Kinderehe
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Flüchtlinge © Symbolgrafik:© Jonathan Stutz - stock.adobe.com
Luxemburg (jur). Auch ein in einer Kinderehe verheirateter minderjähriger Flüchtlinge kann die Familienzusammenführung mit seiner im Libanon lebenden Mutter verlangen. Nach EU-Recht ist es nicht erforderlich, dass ein minderjähriger Flüchtling für die Familienzusammenführung unverheiratet sein muss, urteilte am Donnerstag, 17. November 2022, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-230/21).
Im konkreten Fall ging es um die im Libanon lebende Mutter einer minderjährigen Tochter, die in Belgien als Flüchtling anerkannt wurde. Als die Mutter ein Visum zur Familienzusammenführung mit ihrer minderjährigen Tochter beantragt hatte, wurde sie von den belgischen Behörden abgewiesen.
Die Tochter sei bereits nach libanesischem Recht in einer Kinderehe verheiratet worden. Damit gehöre sie nicht mehr zur Kernfamilie der Eltern. Eine Familienzusammenführung scheide aus. Keine Rolle spiele es hier, dass die Kinderehe in Belgien nicht anerkannt werde.
Doch für eine Familienzusammenführung mit einem Elternteil müsse ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nicht unverheiratet sein, urteilte der EuGH. Dies würde dem von der Richtlinie verfolgten Ziel des besonderen Schutzes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zuwiderlaufen.
Die besondere Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen werde durch das Bestehen einer Ehe nicht abgeschwächt. „Vielmehr könne eine eingegangene Ehe, besonders bei minderjährigen Mädchen, darauf hindeuten, dass sie schweren Formen von Gewalt wie Kinderehen oder Zwangsehen ausgesetzt seien“, betonten die Luxemburger Richter.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock