BANKRECHT / KAPITALMARKTRECHT
„Scala“-Sparverträge dürfen nicht gekündigt werden
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Stuttgart (jur). Die Sparkasse Ulm darf ihre „Scala“-Sparverträge nicht kündigen. Auch die derzeitige Niedrigzinsphase gibt dem Institut nicht das Recht, die mit bis zu 3,5 Prozent verzinsten Verträge vorzeitig zu beenden oder sie auf andere Sparformen umzustellen, urteilte am Mittwoch, 23. September 2015, das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az.: 9 U 31/15 und 9 U 48/15).
Das „Vorsorgesparen S-Scala“ ist ein Ratensparplan mit 25-jähriger Laufzeit. Wie auf einer Treppe (italienisch: scala) steigen die Zinsen, je länger die Sparer durchhalten – auf bis zu 3,5 Prozent. Als das Produkt 1993 auf den Markt kam, war dies nicht umwerfend. Dafür punktete die Spar-Treppe mit hoher Flexibilität: Von dem Scala-Konto konnte auch mal Geld abgehoben werden, und ihre monatliche Sparrate konnten die Kunden zwischen 25 und 2.500 Euro wählen.
„Sie möchten Ihre Sparrate ändern können? Selbstverständlich“, so das Werbeversprechen der Sparkasse. Genau dies haben zahlreiche Kunden genutzt und in Zeiten niedriger Zinsen mit hohen Monatsraten Geld in ihren Scala-Vertrag eingezahlt.
Die Sparkasse freilich geriet durch die hohen Zinsverpflichtungen in Bedrängnis. Den Klägern verweigerte sie die Erhöhung ihrer Sparraten. Angesichts des niedrigen Zinsumfelds müsse sie die Scala-Verträge nicht fortführen.
Ab Sommer 2013 unterbreitete die Sparkasse ihren Kunden ein „Alternativangebot“. Danach konnten die Zinsen für bisherige Einlagen vorübergehend sogar etwas über 3,5 Prozent liegen, neue Sparraten aber wurden deutlich schlechter verzinst. Über 13.000 Kunden sollen dieses inzwischen ausgelaufene Angebot angenommen haben.
Wie es dazu kam, hätte in der Mailänder Scala wohl zu massiven Buh-Rufen geführt. Nach einem Bericht der Ulmer „Südwest Presse“ vom 4. Juli 2013 jedenfalls waren zahlreiche Kunden „wütend“, „empört“ und „stocksauer“. Sie seien massiv bedrängt, die Kündigung des Vertrags sei ihnen angedroht worden.
Nach Überzeugung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wäre eine solche Kündigung unzulässig. Nach dem Landgericht Ulm schloss sich dem nun auch das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart an. Danach ist die Sparkasse an die 25-jährige Laufzeit der Verträge gebunden.
Zur Begründung erklärte das OLG, die Sparkasse habe diese lange Laufzeit ebenso selbst gewählt wie die flexiblen Einzahlungsmöglichkeiten. Auf die entsprechenden Werbezusagen dürften die Kunden vertrauen und auch ihre Sparraten ohne Zustimmung der Sparkasse ändern.
Zu einer vorzeitigen Kündigung sei die Sparkasse Ulm nicht berechtigt, so das OLG weiter. Das Geldinstitut habe „das Risiko einer für sie negativen Zinsentwicklung gekannt und bei Vertragsschluss übernommen“.
In einem der beiden Fälle ließ das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zu.
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