NACHBARSCHAFTSRECHT
Schadensersatz für Kratzer auf dem Auto durch die Nachbarskatze?
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Kurzfassung
Die Katze auf der Blech-Motorhaube: mit diesem Titel könnte man einen Nachbarstreit überschreiben, der die Justiz beschäftigte. Amtsgericht Lichtenfels und Landgericht Coburg hatten dabei darüber zu befinden, ob Kratzer auf einem Auto von der Nachbarskatze herrührten – und daher der Nachbar Schadensersatz leisten muss.
Nach Zeugenvernehmung und Einschaltung eines Gutachters stellten beide Gerichte schließlich fest: dass die Kratzer von der angeblichen Übeltäterin stammten, war nicht zu beweisen. Aus dem Schadensersatz wurde daher nichts.
Sachverhalt
Zwischen zwei Nachbarn hatte sich eine Hauskatze zum Streitobjekt gemausert. Beharrlich bestieg sie den Pkw, der gerade nicht ihrem Herrchen gehörte, um sich darauf behaglich niederzulassen. Der bemerkte Kratzer an seinem schon einige Jahre alten Auto, die er durch Neulackierung beseitigen ließ. Auf „ihre“ derart „frisch bezogene“ Aus-Ruhestätte legte sich die tierische Autonärrin aber umso lieber. Was wiederum die nachbarliche Ruhe massiv störte, weil der Autoeigentümer neuerliche Kratzer feststellte. Geschätzte Reparaturkosten: ca. 2.000.- DM.
Gerichtsverfahren und Urteil
Die klagte er beim Amtsgericht Lichtenfels ein. Das wies die Klage jedoch nach ausführlicher Beweisaufnahme ab. Zwar habe der vernommene Zeuge ausgesagt, er habe die beharrliche Vierbeinerin immer wieder auf dem Auto gesehen. Doch der vom Gericht eingeschaltete Sachverständige kam zu dem Ergebnis, die Kratzer könnten nicht von einer Katze verursacht worden sein. Dies habe er unter Einsatz einer „Versuchskatze“ (deren Pfoten er mit Sand verschmutzt habe), einer „Versuchs-Motorhaube“ und einer Spielschnur festgestellt. Dem Kläger half auch ein weiteres, selbst eingeholtes Gutachten eines Heimtiersachverständigen nicht. Denn dieses führte lediglich aus, dass Katzen zum Kratzen Materialien mit relativ weicher, Widerstand bietender Oberfläche bevorzugen würden. Also nicht lackierte Motorhauben, folgerte das Amtsgericht.
Die Richter des Landgerichts Coburg, die der Kläger daraufhin anrief, sahen den Fall genau so wie ihr Lichtenfelser Kollege. Hinzu komme, erklärten sie in der Verhandlung, dass der Zeuge gerade nicht die Verursachung der Kratzer durch die Nachbarskatze beobachtet habe. Nach diesem Hinweis nahm der Kläger die Berufung zurück und akzeptierte damit den Urteilsspruch des Amtsgerichts.
(Amtsgericht Lichtenfels, Az: 1 C 466/97; Landgericht Coburg, Az: 32 S 143/99; rechtskräftig)
Zur Rechtslage:
Der Halter eines Tieres kann für Schäden haften, die dieses einem anderen zufügt – und zwar sowohl für körperliche als auch für materielle Schäden. Tierhalter ist nach Definition der Gerichte, wer die „Bestimmungsmacht“ über das Tier hat, den allgemeinen Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt. Bei sogenannten Nutztieren (also Haustieren, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Halters dienen) entgeht der Halter einer Haftung vor allem dann, wenn er beweisen kann, dass er seinen Beaufsichtigungspflichten nachgekommen ist. Klassischer Fall der „Tierhalterhaftung“ ist der Hundebiss. Aber auch in dem zuvor geschilderten „Katzen-Kratz-Fall“ wäre eine derartige möglich. Allerdings muss derjenige, der eine Schädigung durch das Tier behauptet, diese auch nachweisen. Und das fällt bei einem Hundebiss in der Regel leichter als bei Autokratzern.
Die maßgebliche Vorschrift lautet:
§ 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Haftung des Tierhalters]:
Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu nutzen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.