SCHADENSERSATZ UND SCHMERZENSGELD
Schadensersatzrentenanspruch des Kindes
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Bundesgerichtshof zu Auswirkungen von Pflegeleistungen der Mutter auf einen Schadensersatzrentenanspruch des Kindes
Im Juni 1996 wurde der damals vier Jahre alte Kläger auf dem Rückweg vom PKW der Beklagten zu 1 erfaßt. Die Beklagte zu 2 ist die Haftpflichtversicherung. Zu dem Unfall kam es, weil der Kläger vor seiner Mutter zur Straße und nach kurzem Anhalten trotz des herannahenden PKW auf die Fahrbahn lief. Die Beklagte zu 1 hatte ihrerseits die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und ein Schild mißachtet, das auf den Kindergarten hinwies. Der Kläger ist durch den Unfall querschnittgelähmt und wird von seiner Mutter gepflegt. Er erhält Pflegegeld von der gesetzlichen Unfallversicherung. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für den Unfallschaden des Klägers steht außer Streit.
Der Kläger verlangt mit seiner Klage Schadensersatzrente zum Ausgleich seiner durch den Unfall vermehrten Bedürfnisse. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben der Klage in unterschiedlichem Umfang teilweise stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Beklagten die Abweisung der Klage begehrt und u. a. vorgebracht, der Anspruch sei durch die Pflegeleistungen der Mutter des Klägers erloschen. Die Mutter habe den Unfall durch Verletzung ihrer Obhutspflicht mitverschuldet und hafte daher als Gesamtschuldnerin neben den Beklagten auf Schadensersatz. Indem sie den Kläger gepflegt habe, habe sie dessen Ansprüche auf Schadensersatzrente für die zurückliegende Zeit erfüllt. Dadurch seien auch dessen Ansprüche gegen die Beklagten insoweit erloschen.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Ansicht der Revision habe die Mutter des Klägers durch ihre Pflegeleistungen auch im Falle einer eigenen deliktsrechtlichen Haftung nicht diese Schuld gegenüber dem Kläger erfüllt, sondern ihn allein aufgrund ihrer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung gepflegt. Die Erfüllungswirkung auf eine Gesamtschuld nach § 422 BGB komme nicht in Betracht. Schadensersatzrentenanspruch und Unterhaltsanspruch stünden weder auf derselben Stufe noch dienten sie demselben Zweck. Im übrigen gebe der Fall keinen Anlaß von der Rechtsprechung abzuweichen, derzufolge die Haftungsfreistellung des § 1664 Abs. 1 BGB dem Sorgeberechtigten auch bei einer Verletzung seiner Obhutspflicht gegenüber dem Kind zugute komme (BGHZ 103, 338).
Urteil vom 15. Juni 2004 – VI ZR 60/03
Karlsruhe , den 15. Juni 2004