ERBRECHT
Sicheres Erbe - unsicheres Vermächtnis
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Hamm (jur). Die Zuteilung von Vermögensgegenständen in einem ehelichen Testament ist für den überlebenden Ehepartner nicht immer unveränderlich. Nur als „Vermächtnis“ versprochene Vermögensgegenstände darf der Überlebende an andere Personen verschenken, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Dienstag, 11. Februar 2014, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 10 U 10/13). Über die Folgen müssen sich später die Erben untereinander auseinandersetzen.
Im Streitfall hatte ein Ehepaar in Essen zwei Töchter. Die Ältere bekam schon zu Lebzeiten die Hälfte eines Doppelhaus-Grundstücks übertragen. In einem gemeinsamen Testament legten die Eheleute fest, dass die Jüngere die andere Hälfte bekommen sollte, wenn beide Eltern gestorben sind.
Nach dem Tod des Vaters zerstritt sich die Mutter mit der jüngeren Tochter. Diese soll sie sogar tätlich angegriffen haben. Kurzerhand übertrug die Mutter die andere Doppelhaushälfte an ihren Enkel, einen Sohn der älteren Tochter.
Die jüngere Tochter fühlte sich übergangen. Nach dem Tod der Mutter verlangte sie von ihrem Neffen die Herausgabe der Haushälfte.
Mit Urteil vom 9. Januar 2014 wies das OLG Hamm diese Klage nun ab. Statt an ihren Neffen hätte sich die jüngere an ihre ältere Schwester wenden müssen.
Denn die Doppelhaushälfte sei der jüngeren Tochter nicht vererbt, sondern nur als sogenanntes Vermächtnis versprochen worden. Bei einem Vermächtnis bestehe aber kein rechtlicher Anspruch auf Erfüllung. Daher habe die Mutter trotz des hier im Testament festgehaltenen Vermächtnisses noch frei über die Doppelhaushälfte verfügen können.
Weil dadurch das Erbe der jüngeren Tochter viel geringer ausfiel als laut Testament gedacht, wäre die Ältere möglicherweise zu einem Ausgleich verpflichtet gewesen. Einen solchen Ausgleich habe die jüngere Tochter aber von ihrer Schwester nicht verlangt, betonte das OLG. Ein Anspruch auf Herausgabe der Doppelhaushälfte durch den von seiner Großmutter beschenkten Neffen komme nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht, die hier aber nicht erfüllt seien.
Dass die Hammer Richter die Doppelhaushälfte lediglich als Vermächtnis und nicht als Erbe angesehen haben, liegt an den Formulierungen des Testaments. Das OLG ging danach davon aus, dass die Eheleute nicht wollten, dass der überlebende Partner die Verfügungsberechtigung über die Doppelhaushälfte abschließend verliert.
Wäre dies gewollt gewesen, hätte die jüngere Tochter im Testament klar als „Erbin“ der Doppelhaushälfte benannt sein müssen – konkret der überlebende Ehepartner als „Vorerbe“ und die jüngere Tochter als „Nacherbin“. Formulierungen wie „soll bekommen“ können demgegenüber auch als Vermächtnis gelesen werden. Die größte Sicherheit bietet ein Testament in Form eines Erbschaftsvertrags. Dieser kann allerdings nur vor einem Notar geschlossen werden und ist daher kostenpflichtig.
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