VERFASSUNGSRECHT
Streit um Sonderprüfung bei VW geht in neue Runde
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Diesel © Symbolgrafik:© studio v-zwoelf - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Der Streit um eine sogenannte Sonderprüfung bei der Volkswagen AG wegen des Diesel-Skandals geht in eine neue Runde. Bei der Bejahung der Prüfung und Einsetzung der Prüfer hat das das Oberlandesgericht (OLG) Celle das rechtliche Gehör von VW verletzt und Vortrag des Automobilbauers übergangen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in zwei am Freitag, 25. November 2022, veröffentlichten Beschlüssen (Az.: 1 BvR 2754/17 und 1 BvR 1349/20).
Hintergrund des Streits sind die 2015 bekanntgewordenen Abgasmanipulationen bei VW-Diesel-Motoren. In der Aktionärsversammlung 2016 hatten Minderheitsaktionäre deshalb vergeblich versucht, eine sogenannte Sonderprüfung bei VW durchzusetzen. Dabei soll untersucht werden, ab wann Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats von den Manipulationen wusste. Dies ist von hoher Bedeutung für straf- und haftungsrechtliche Verfahren.
Drei „Funds“ aus den USA wollten die Sonderprüfung gerichtlich durchsetzen. Anders als zunächst das Landgericht Hannover hatte daraufhin das OLG Celle eine Prüfung bejaht und einen Prüfer eingesetzt (Beschlüsse vom 8. und 23. November 2017, beide Az.: 9 W 86/17).
Hiergegen legte VW Verfassungsbeschwerde ein – mit Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht hob die Beschlüsse des OLG auf und verwies den Streit zur erneuten Prüfung nach Celle zurück.
Hintergrund ist hier die Frage, ob die „Funds“ überhaupt „rechtsfähig“ und zur Klage befugt sind. Das Landgericht Hannover hatte dies verneint, das OLG Celle dann aber bejaht.
Doch dabei habe das OLG Vortrag des VW-Konzerns übergangen und nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, entschied das Bundesverfassungsgericht. VW habe schon in frühen Schriftsätzen darauf hingewiesen, dass es die Rechtsfähigkeit der „Funds“ bezweifelt. Dennoch sei das OLG davon ausgegangen, dass VW die Rechtsfähigkeit der klagenden „Funds“ nicht angegriffen habe.
Zudem sei das OLG hier in einem wesentlichen Punkt vom Landgericht abgewichen, ohne dies offen zu diskutieren. Stattdessen habe das OLG auf seine andere Position hinweisen und VW Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Auch als 2020 der Sonderprüfer ausgetauscht wurde, habe das OLG „unter mehrfachem Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs“ von VW sowie „unter Verstoß gegen das Willkürverbot“ die Klagebefugnis der „Funds“ bejaht.
Nach den jetzt schriftlich veröffentlichten Beschlüssen vom 21. September 2022 muss das OLG die Diskussion über die Klagebefugnis nun nachholen und dann neu entscheiden.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock