REISERECHT
Teils keine Stornogebühren bei Reiserücktritt wegen Corona
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Reiserücktritt © Symbolgrafik:© Corri Seizinger - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Pauschalreisende müssen keine hohen Gesundheitsrisiken wegen der Coronapandemie in Kauf nehmen. Treten sie wegen bestehender Risiken oder anderer unzumutbarer Beeinträchtigungen von der Reise zurück, dürfen die Veranstalter keine Stornogebühren einbehalten, urteilte am Dienstag, 30. August 2022, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.: X ZR 66/21). Dass auch zu Hause Coronarisiken bestehen, stehe dem nicht generell entgegen.
Bei einer Stornierung können Reiseveranstalter laut Gesetz grundsätzlich „eine angemessene Entschädigung verlangen“. Eine Stornogebühr scheidet allerdings aus, wenn „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ am Zielort die Reise „erheblich beeinträchtigen“.
In dem nun entschiedenen Fall geht es um eine 1.600 Euro teure Donaukreuzfahrt. Wegen der Coronapandemie trat die Klägerin zwei Wochen vorher von ihrer Buchung zurück. Die Kreuzfahrt fand mit einem verschärften Hygienekonzept und verringerter Teilnehmerzahl statt. Von der Klägerin behielt die Veranstalterin Stornokosten in Höhe von 1.000 Euro ein.
Wie nun der BGH entschied, war jedenfalls im Sommer 2020 die Coronapandemie grundsätzlich geeignet, eine Pauschalreise „erheblich zu beeinträchtigen“. Dies gelte auch dann, wenn die Pandemie auch am Heimatort zu Einschränkungen geführt hat.
Nach dem Karlsruher Urteil muss die Veranstalterin im Fall der Donaukreuzfahrt die Stornogebühr erstatten. Wegen der räumlichen Enge bei einer Flusskreuzfahrt habe die Klägerin von besonderen Infektionsrisiken ausgehen dürfen. Zudem sei sie wegen ihres höheren Alters besonders gefährdet gewesen.
In einem weiteren Streit um eine Pauschalreise nach Mallorca betonte der BGH, dass es vorrangig auf die Situation am Urlaubsort ankommt (Az.: X ZR 84/21). Hier soll daher das Landgericht Düsseldorf noch die pandemische Lage im Reisezeitraum auf Mallorca klären. Dass das gebuchte Hotel wegen der zahlreichen Absagen geschlossen war, schließt danach eine Stornogebühr aber noch nicht aus. Denn die Veranstalterin hätte gegebenenfalls ein gleichwertiges Ersatzhotel anbieten können.
In einem dritten Fall ging es um eine Ostseekreuzfahrt. Diese hatte die Veranstalterin letztendlich abgesagt, der Kunde hatte aber schon vorher seinen Rücktritt erklärt. Hier hängt es laut BGH von EU-Recht ab, ob die Veranstalterin Stornogebühren verlangen kann. Einen vergleichbaren Streit um eine Japanreise hatten die Karlsruher Richter bereits am 2. August 2022 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt (Az.: X ZR 53/21). In dem neuen Fall will der BGH die Antwort hierzu abwarten und erst dann über die Ostseekreuzfahrt entscheiden (Az.: X ZR 3/22).
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock