STAATSRECHT
"TV-Duell der Kanzlerkandidaten" v. d. Bundestagswahl am 22.09.02 / Teilnahme der FDP
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Die Verfassungsbeschwerde (Vb) der Freien Demokratischen Partei
(Beschwerdeführerin; Bf), die die Teilnahme ihres Vorsitzenden an dem
gemeinsam von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF
am 8. September 2002 geplanten "TV-Duell" zwischen dem Bundeskanzler
und seinem Herausforderer erstrebt, wurde von der 2. Kammer des Zweiten
Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Bf war mit ihrem Begehren vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg
geblieben. Dagegen richtet sich ihre Vb. Mit deren Nichtannahme hat
sich auch ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der
die Teilnahme durchgesetzt werden sollte, erledigt.
Zur Begründung führt die Kammer aus:
Die Voraussetzungen für die Annahme der Vb liegen nicht vor. Die Vb hat
keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung und ist ohne
hinreichende Aussicht auf Erfolg. Von Verfassungs wegen sind die
angegriffenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht zu
beanstanden.
Es verstößt insbesondere nicht gegen grundrechtliche Gewährleistungen,
dass die Verwaltungsgerichte einen Teilnahmeanspruch der Bf nach dem
Parteiengesetz mit der Begründung verneint haben, das "TV-Duell" sei
eine redaktionell gestaltete, von den Rundfunkanstalten verantwortete
Sendung, die trotz einer von ihr möglicherweise ausgehenden
Werbewirkung nicht als Wahlwerbesendung qualifiziert werden könne und
schon deshalb nicht dem in § 5 Abs. 1 Parteiengesetz verwendeten
Begriff der öffentlichen Leistung unterfalle. Dieser Standpunkt beruht
auf keiner grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Reichweite und
Bedeutung des Grundsatzes der Chancengleichheit.
Auch im Übrigen ist für einen Gleichheitsverstoß nichts ersichtlich,
selbst wenn die Rundfunkanstalten einer strengen Bindung an den
Grundsatz der Chancengleichheit unterliegen sollten. Nach den
Feststellungen der Verwaltungsgerichte beruht die umstrittene Sendung
auf einem schlüssigen und folgerichtig umgesetzten journalistischen
Entwurf. Dieser steht unter dem Schutz der Rundfunkfreiheit. Nach
diesem Konzept sollen die beiden Politiker, die allein ernsthaft damit
rechnen können, zum Bundeskanzler gewählt zu werden, in einer Befragung
durch zwei Moderatorinnen einander gegenüber gestellt werden. Demnach
scheidet eine Teilnahme des Vorsitzenden der Bf aus, weil er keine
realistische Aussicht darauf hat, nach der Wahl am 22. September 2002
das Amt des Bundeskanzlers zu übernehmen, was die Bf letztlich selbst
nicht bestreitet. Diese Tatsache hat die Bf als Folge der bestehenden
politischen Kräfteverhältnisse hinzunehmen. Ein Verstoß gegen ihren
Anspruch auf Wahrung der Chancengleichheit liegt darin nicht.
Allerdings dürfen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein redaktionelles
Konzept, das die Erfolgsaussichten von Beteiligten am Wahlwettbewerb
nachhaltig mindern kann, nicht ohne Rücksicht auf diesen Umstand
durchsetzen. Dies ist hier nach der Begründung der Verwaltungsgerichte
auch nicht der Fall. Nach den der Bf verbleibenden
Darstellungsmöglichkeiten in den Medien kann nicht von einer Verletzung
der Chancengleichheit ausgegangen werden. Der zweiwöchige Zeitraum nach
dem "TV-Duell" bis zum Wahltag ist in der "heißen Phase" des Wahlkampfs
ein Zeitraum von nicht unerheblicher Länge. Die Bf kann an mehreren
gewichtigen redaktionellen Beiträgen der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten zu Themen des Wahlkampfs teilnehmen. Ihr Vorsitzender
hat die Möglichkeit, sich an der Diskussionsrunde "Die Favoriten" am
17. September 2002 zu beteiligen. Außerdem hatte und hat die Bf die
Gelegenheit, in weiteren redaktionellen Beiträgen des
öffentlichen-rechtlichen wie des privaten Rundfunks die Gunst der
Wähler zu gewinnen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. August 2002 - Az. 2 BvR 1332/02 -