ARBEITSRECHT
Übergang des Arbeitsverhältnisses aufgrund landesgesetzlicher Regelung im Freistaat Sachsen ?
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
Öffentlicher Dienst - Kein Übergang des Arbeitsverhältnisses auf Grundlage landesgesetzlicher Regelung (ArbG Dresden, Urteil vom 03. März 2010, 4 Ca 2850/08 - nicht rechtskräftig)
Der Entscheidung des Arbeitsgerichts Dresden lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist bei dem Beklagten im Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministeriums des lnnern beim Regierungspräsidium D. als Referentin beschäftigt.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-0) vom 10.12.1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Ergänzend finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
Am 29.01.2008 beschloss der Sächsische Landtag das Gesetz über den Personalübergang vom Freistaat Sachsen auf die kommunalen Körperschaften (SächsPÜG).
Mit Schreiben vom 16.05.2008 teilte das Regierungspräsidium D. der Klägerin mit, dass die Auswahl und Verteilung der Bediensteten nach § 3 Abs. 6 und 7 des Gesetzes über den Personalübergang erfolgt sei. Aufgrund der von ihr erreichten Gesamtpunktzahl sei sie aus ihrer Vergleichsgruppe für den Personalübergang ausgewählt worden. Die Personalvertei-lung habe ergeben, dass sie beginnend ab dem 01.08.2008 beim Landkreis M. eingesetzt werden solle.
Mit Übergabeverfügung vom 28.07.2008 teilte das Regierungspräsidium D. der Klägerin mit, dass gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SachsPÜG als neuer Arbeitgeber der Klägerin der Landkreis M. festgesetzt werde und das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.08.2008 auf den Landkreis M. übergehe.
Unter der Überschrift „Rechtsbehelfsbelehrung" wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch einlegen könne sowie, dass gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 SächsPÜG Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Übergabeverfugung keine aufschiebende Wirkung entfalteten.
Die Klägerin hat Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erhoben, In dem verwaltungs-gerichtlichen Verfahren hat der Landkreis M. mitgeteilt, dass eine der Entgeltgruppe der Klägerin vergleichbare Stelle nicht vorhanden sei und der Klägerin keine Tätigkeiten ihrer Entgeltgruppe entsprechend zugewiesen werden könnten, da die staatlichen Aufgaben beim Freistaat Sachsen verblieben seien.
Mit der beim ArbG erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Freistaat Sachsen fortbesteht und nicht durch die Übergabeverfügung vom 28.07.2008 zum 01.08.2008 auf den Landkreis M. übergegangen ist. Sie macht ferner die Weiterbeschäftigung beim Freistaat Sachsen bis zur rechtskräftigen Entscheidung geltend.
Das Arbeitsgericht Dresden hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist es grundsätzlich möglich, dass durch landesgesetzliche Bestimmungen der Übergang von Arbeitsverhältnissen von Angestellten eines Landes auf einen anderen Rechtsträger geregelt werden kann, ohne dass dem Arbeitnehmer insoweit ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden muss (vgl. BAG, Urteile vom 18.12.2008 - 8 AZR 660/07 -, vom 28.09.2006 - 8 AZR 441/05 -, AP Nr. 26 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge sowie vom 02.03.2006 - 8 U R 124/05 -, AP Nr. 25 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge).
Diesen Entscheidungen des 8. Senates lag zugrunde, dass der Verlust des Arbeitsplatzes beim beklagten Land jeweils als unmittelbare und zwingende Folge des jeweiligen Gesetzes eintrat. Weiterer Übertragungsakte bedurfte es daneben nicht.
In dem vom Arbeitsgericht zu entscheidenden Fall waren diese Voraussetzungen nicht gegeben.
Im Gegensatz zu den vorgenannten Entscheidungen des BAG trat vorliegend mit dem Inkrafttreten des SächsPÜG der Verlust des Arbeitsplatzes beim beklagten Land nicht als unmittelbare und zwingende Folge des Gesetzes ein. Es bedurfte noch einer Auswahl der übergehenden Arbeitnehmer. Nach § 2 Abs. 2 SächsPÜG entscheidet der Freistaat Sachsen über den Übergang der einzelnen Arbeitsverhältnisse und setzt den Arbeitnehmern gegenüber den neuen Arbeitgeber durch Übergabeverfügung fest, § 2 Abs. 3 SächsPÜG.
Die Übergabeverfügung soll danach mit Zustellung an den Arbeitnehmer wirksam werden, Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Übergabeverfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Aus den Regelungen in § 2 SächsPÜG folgt, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer nicht kraft Gesetzes übergeht, sondern die Verwaltung darüber befindet, welcher Arbeitnehmer übergeht und welcher nicht (vgl. Sächsisches LAG, Urteil vom 17.12.2008 - 2 Sa Ga 23/08 - in ZTR 2009, 268 f.).
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die Übergabeverfügung vom 29.07.2008 beendet worden, und zwar selbst dann, wenn es sich bei der Übergabeverfügung einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG handelt, da im Arbeitsverhältnis ein Handeln des öffentlichen Arbeitgebers durch Verwaltungsakt belastende Rechtsfolgen nicht auszulösen vermag.
Dafür bedarf es vielmehr der Umsetzung öffentlich-rechtlicher Vorgaben mit den Mitteln des Arbeitsrechtes (zu diesem Erfordernis vgl. BAG, Urteil vom 17.01.2006 - 9 AZR 226/05. AP Nr. 6 zu § 24 BAT-0, im Anschluss an BAG, Urteil vom 16.09.1998 - 5 AZR 181/97, AP Nr. 56 zu § 611 BGB Direktionsrecht).
Den Klageanträgen war daher in vollem Umfang stattzugeben
Volker Backs LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht