VERBRAUCHERRECHT
Unzulässige Sammlung personenbezogener Daten mit Gewinnspielen
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Karlsruhe (jur). Sammelt eine gesetzliche Krankenkasse mit Hilfe eines Gewinnspiels zu Werbezwecken umfangreiche personenbezogene Daten von Jugendlichen, ist dies unzulässig. Auf diese Weise wird die geschäftliche Unerfahrenheit von Jugendlichen ausgenutzt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Freitag, 13. Juni 2014, veröffentlichten Urteil (Az.: I ZR 218/12).
Der I. Zivilsenat des BGH verwies damit die AOK NordWest in ihre Schranken. Die Krankenkasse war im Juni 2011 auf der sogenannten Nordjob-Messe in Kiel vertreten. Dort konnten sich Schüler über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten informieren.
Die Kasse nutzte jedoch auch die Möglichkeit, auf der Messe an Adressdaten potenzieller Kassenmitglieder zu kommen. Sie verteilte insbesondere an 15 bis 17-jährige Jugendliche Teilnahmekarten für ein Gewinnspiel mit dem Titel „Mitmachen und tolle Preise gewinnen“. Die Jugendlichen sollten dabei umfangreiche personenbezogene Daten von sich preisgeben. So wurden nicht nur der volle Name, die Anschrift und das Geburtsdatum abgefragt, sondern auch Telefon-Nummer, E-Mail-Adresse und die derzeitige Krankenkasse.
Unter diesen Angaben fanden sich ein Datenschutzhinweis und eine „Einwilligungserklärung“. Per Unterschrift erklärten sich die Jugendlichen damit einverstanden, dass ihre Daten gespeichert und genutzt werden, um sie telefonisch, schriftlich, per E-Mail oder per SMS über die Vorteile einer Mitgliedschaft in der AOK NordWest zu informieren.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sah in der Datenerhebung in Zusammenhang mit dem Gewinnspiel die Vorschriften im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verletzt und forderte die Krankenkasse zur Unterlassung auf. Die geschäftliche Unerfahrenheit der minderjährigen Verbraucher werde auf diese Weise ausgenutzt. Die Jugendlichen wüssten nicht, worauf sie sich mit ihrer Datenpreisgabe einließen.
Sowohl das Oberlandesgericht (OLG) Hamm als auch der BGH stimmten den Verbraucherschützern zu. Zwar könne die Erhebung oder Nutzung personenbezogener Daten zu Werbezwecken zulässig sein, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Dies gelte jedoch nicht, wenn dabei die geschäftliche Leichtgläubigkeit von Jugendlichen ausgenutzt wird, so der BGH in seinem Urteil vom 22. Januar 2014.
Hier seien auch die Bestimmungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb anzuwenden, da die Krankenkasse mit dem Gewinnspiel und der damit einhergehenden Datensammlung zu Werbezwecken als Gewerbetreibende eine „geschäftliche Handlung“ vornehme.
Danach sei die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten mit Einwilligung des Betroffenen zwar auch „für Zwecke der Werbung“ zulässig. Dabei dürfe aber nicht die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausgenutzt werden.
Dies sei hier aber geschehen. 15 bis 17-Jährige würden noch nicht die „nötige Reife besitzen, die Tragweite einer Einwilligungserklärung zur Datenspeicherung und Datenverwendung zu Werbezwecken abzusehen“.
Die spontane Entscheidung eines Jugendlichen, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, führe „erfahrungsgemäß“ dazu, dass er die Folgen im Zusammenhang mit der Datenerhebung vernachlässigt, betonte der BGH. Damit werde die geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage