ARBEITSRECHT
Urlaubsabgeltung - Tod: Arbeitnehmer Erbe hat Urlaubsanspruch
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Berlin (jur). Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf noch nicht genommenen Urlaub geht mit seinem Tod nicht unter. Er wandelt sich in einen Abgeltungsanspruch der Erben um, wie das Arbeitsgericht Berlin in einem am Dienstag, 1. Dezember 2015, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 56 Ca 10968/15). Es schloss sich damit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg an und stellte sich gegen die bislang gegenläufige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt.
Im entschiedenen Fall hatte die Arbeitnehmerin am Tag ihres Todes noch Anspruch auf 33 Tage Urlaub. Die Erben forderten eine Abgeltung dieses Anspruchs in Geld.
2011 hatte das BAG entschieden, dass der Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 20. September 2011, Az.: 9 AZR 416/10). 2014 erklärte allerdings der EuGH, dass dies gegen EU-Recht verstößt (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 12. Juni 2014, Az.: C-118/13).
Das Arbeitsgericht Berlin meinte nun, laut Bundesurlaubsgesetz sei der Urlaub abzugelten, soweit er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden könne. Diese Voraussetzung sei beim Tod des Arbeitnehmers gegeben. Weil somit eine EU-rechtskonforme Auslegung des deutschen Gesetzes möglich sei, müssten die Gerichte dem EuGH folgen – auch wenn das BAG zuvor anders entschieden habe.
Generell wäre in solchen Fällen auch ein Mittelweg denkbar. Denn das EuGH-Urteil gilt zunächst nur für den EU-Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr, nicht für oft höhere Urlaubsansprüche nach deutschem Recht. Im Streitfall hat das Arbeitsgericht Berlin den Erben aber auch eine Abgeltung des darüber hinausgehenden Urlaubs zugesprochen. Denn laut Arbeitsvertrag solle dieser genauso behandelt werden wie der Mindesturlaub.
Gegen das Berliner Urteil vom 7. Oktober 2015 kann der Arbeitgeber Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in Berlin einlegen.
Der Streit hat besondere Bedeutung vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum Urlaubsanspruch bei lang andauernder Krankheit. Danach geht der Urlaubsanspruch nicht mehr wie früher spätestens zum 1. April des Folgejahres unter, sondern kranke Arbeitnehmer können zumindest den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen gegebenenfalls über Jahre ansammeln (EuGH-Urteil vom 20. Januar 2009, Az.: C-350/06 und in der Folge BAG-Urteil vom 25. März 2009, Az.: 9 AZR 983/07). Dadurch können sich sehr hohe Urlaubsansprüche ergeben.
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