POLIZEI- UND ORDNUNGSRECHT
Videoüberwachung bei drohendem Gedränge auf S-Bahnhof
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Berlin (jur). Droht einem S-Bahnhof anlässlich einer angemeldeten Kundgebung die Überlastung, darf die Bundespolizei dies mit Videokameras kontrollieren. Die Versammlungsfreiheit wird dadurch nicht verletzt, wie das Verwaltungsgericht Berlin in einem am Montag, 19. September 2022, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 1 K 405/20).
Unter dem Motto „Miteinander gegen ein Gegeneinander“ hatte das selbsternannte „Quartiersmanagement Grunewald“ für den 1. Mai 2019 zu einer Kundgebung am Vorplatz des S-Bahnhofs Berlin-Grunewald aufgerufen. Der Stadtteil zählt zu den wohlhabendsten Berlins. Im Vorjahr war es bei dieser Veranstaltung zu Zwischenfällen und einer Überlastung des Bahnhofs gekommen.
Auch für 2019 hatte die Polizei erwartet, dass zahlreiche Teilnehmer mit der S-Bahn anreisen. Um frühzeitig auf sicherheitsgefährdendes Gedränge reagieren zu können, montierte die für die Bahn zuständige Bundespolizei Videokameras an den Bahnsteigen, Treppen und im Empfangsbereich. Schilder wiesen auf die Kameras hin. Die Veranstaltung auf dem Bahnhofsvorplatz wurde nicht überwacht. Am 15. Mai 2019 wurden die Aufzeichnungen gelöscht.
Die Initiative „Quartiersmanagement Grunewald“ sah dadurch die Versammlungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.
Vor dem Verwaltungsgericht Berlin blieb die Klage jedoch ohne Erfolg. Laut Bundespolizeigesetz dürfe „die Bundespolizei selbsttätige Bildaufnahme- und Bildaufzeichnungsgeräte einsetzen, um Gefahren für Eisenbahnanlagen und für dort befindliche Personen oder Sachen zu erkennen“. Das Versammlungsrecht stehe dem nicht entgegen. Die Bundespolizei habe nicht die Versammlung oder die Anreise dorthin kontrollieren wollen. Vielmehr dienten die Kameras der „Bekämpfung von Gefahren, die sich aus der räumlich beengten Bahnhofssituation ergeben“.
Mit Blick auf diese Gefahren sei die Videoüberwachung zulässig und verhältnismäßig gewesen, so das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. August 2022. Zur Begründung verwiesen die Berliner Richter auch auf die Erfahrungen der Loveparade in Duisburg im Jahr 2010. Im Gedränge waren dort 21 Menschen ums Leben gekommen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock