WETTBEWERBSRECHT
Vom Angestellten zum Konkurrenten: So nutzen Sie die Rechtslage strategisch zu Ihrem Vorteil
Autor: Christian Kramarz - Rechtsanwalt
zuletzt bearbeitet am:
Der Schritt in die Selbstständigkeit auf einem Fachgebiet, in dem man zuvor als Angestellter tätig war, ist ein klassischer Karriereweg – aber auch einer, der rechtliche Fallstricke birgt. Eine Abmahnung vom ehemaligen Arbeitgeber ist dabei ein häufiges Störfeuer. Mit der richtigen Strategie, die auf einem soliden Verständnis der Rechtslage basiert, können Sie sich jedoch wappnen und souverän reagieren.
1. Proaktive saubere Trennung und Dokumentation
Die beste Verteidigung beginnt schon vor dem Konflikt. Achten Sie bei Ihrem Ausscheiden aus dem alten Unternehmen penibel darauf, alle arbeitsvertraglichen Rückgabepflichten zu erfüllen. Dokumentieren Sie diesen Prozess. Erstellen Sie alle neuen Geschäftsunterlagen nachweislich eigenständig. Diese saubere Arbeitsweise entzieht späteren Vorwürfen die Grundlage.
2. Die Psychologie des Abmahnenden verstehen
Eine Abmahnung ist selten eine rein sachliche Angelegenheit. Oft spielen enttäuschte Erwartungen oder die Angst vor einem fähigen Konkurrenten eine Rolle. Wenn Sie verstehen, dass der Angriff nicht immer rational motiviert ist, können Sie die Situation besser einschätzen und sachlich bleiben.
3. Eine starke Verteidigung ist die beste Offensive
Anstatt sich einschüchtern zu lassen, betrachten Sie die Abmahnung als das, was sie oft ist: ein Test Ihrer Wehrhaftigkeit. Eine schnelle, professionelle und unnachgiebige Reaktion durch einen spezialisierten Anwalt signalisiert Stärke.
Nutzen Sie die Rechtslage als strategischen Kompass
Ihr Wissen über die Rechtslage ist nicht nur ein Verteidigungsschild, sondern auch ein strategisches Schwert. Es verändert die Machtdynamik des gesamten Konflikts.
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Der Spieß lässt sich umdrehen: Sie sind nicht nur der Beschuldigte. Wenn die Abmahnung unberechtigt ist, ist Ihr ehemaliger Arbeitgeber derjenige, der einen Rechtsverstoß begeht. Der Vorwurf kann von einer "gezielten Mitbewerberbehinderung" (§ 4 Nr. 4 UWG) bis zu einem rechtswidrigen Eingriff in Ihren Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) reichen. Dieses Wissen sollten Sie in Ihrer Verteidigungsstrategie aktiv nutzen.
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Die Drohung mit Schadensersatz: Die Tatsache, dass Ihr Gegner für Ihre Anwaltskosten aufkommen muss, wenn er schuldhaft und unberechtigt gehandelt hat, ist ein starker Hebel. Eine anwaltliche Antwort, die diesen Anspruch klar benennt, kann die Bereitschaft der Gegenseite, den Konflikt weiter zu eskalieren, erheblich senken. Es macht einen großen Unterschied, ob die Abmahnung ein "kostenloses" Druckmittel ist oder das Risiko birgt, selbst zur Kasse gebeten zu werden.
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Die Interessenabwägung zu Ihren Gunsten: Die Rechtsordnung schützt den fairen Wettbewerb. Im Rahmen der Gesamtwürdigung wird stets geprüft, ob die Nachteile für Sie in einem angemessenen Verhältnis zum Schutzinteresse des Abmahnenden stehen. Wenn Sie nachweisen können, dass der Schaden für Ihr junges Unternehmen durch eine haltlose Abmahnung immens ist, während das Schutzinteresse des Gegners gering oder nicht existent ist, stehen Ihre Karten gut.
Fazit
Der Übergang vom Mitarbeiter zum Wettbewerber erfordert rechtliche Weitsicht. Handeln Sie von Anfang an sauber und nutzen Sie im Konfliktfall die Ihnen zustehenden Rechte nicht nur zur Verteidigung, sondern auch als strategisches Element, um Ihre Position zu stärken.
Eine detailliertere Analyse der rechtlichen Aspekte und eines konkreten Falles finden Sie in unserem umfassenden Hauptartikel: Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung abwehren.