STRAFRECHT
Vom Chat ins Strafrecht - Kindesmissbrauch und Kinderpornographie durch chatten mit Kindern
Autor: Thomas M. Amann - Rechtsanwalt
§ 176 StGB - Sexueller Mißbrauch von Kindern (Kindesmissbrauch): Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer unter anderem auf ein Kind durch Schriften einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen lassen soll, oder auf ein Kind durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden einwirkt.
Der Chat mit realen Kindern (unter 14 Jahren)
Wie oben bereits mit dem Wortlaut des Gesetzes ausgeführt, begeht nach § 176 StGB (Strafgesetzbuch) ein Sexualdelikt und macht sich innerhalb der Straftatbestände zum Sexualstrafrecht strafbar, wer mit realen Kindern im Internet chattet, um sie zu sexuellen Handlungen zu verleiten. Ebenso macht sich nach dieser Rechtsnorm unter anderem auch strafbar, wer einem Kind bspw. in einem Chatroom pornographische Bilddateien übermittelt. In beiden Fällen sieht das Gesetz hierfür als Strafe eine Gefängnisstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren vor. Werden dem Kind über das Internet oder per E-Mail kinderpornographische Inhalte (Kipo) übermittelt, kommt noch eine Strafbarkeit § 184b StGB in Betracht. Diese Rechtsnorm bestraft den Besitz von kinderpornographischem Material mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren und das Verbreiten von Kinderpornographie (Internet, Tauschbörsen, Netzwerke, E-Mails, Chats usw.) mit einer Mindeststrafe von 3 Monaten Gefängnis. Diese Straftatbestände wurden vor einigen Jahren wie andere Änderungen des § 176 StGB aufgrund eines konkreten Anlasses eingeführt. Der Gesetzgeber verwies im SexualdelÄndG v. 27.12.2003 (Gesetz zur Änderung der Sexualdelikte) auf Presseberichte, denen zufolge pädophile Internetnutzer bei sogenannten Chats unter Anwendung von Täuschungen mit Kindern Verabredungen treffen, die zu sexuellen Handlungen führen sollen. Derartig motivierte Kontaktaufnahmen sollten dann unter Strafe gestellt werden (Bundestagsdrucksache BTDrucks. 15/350 S. 17 f.). Zur Strafbarkeit wegen Kindesmissbrauch bzw. Missbrauch von Kindern nach § 176 StGB genügt dabei eine objektiv harmlose Kommunikation, wenn sie von der Absicht des Täters getragen ist, das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen. D.h., die Inhalte der Chats bzw. E-Mails oder SMS müssen hierfür nicht einen ausdrücklichen sexualbezogenen Inhalt haben! Weiterhin ist es ausreichend, wenn das Kind die ihm übermittelten Inhalte zur Kenntnis genommen hat. Es kommt nicht darauf an, ob dies Erfolg zeigt. Ein Einwirken liegt auch dann vor, wenn das Kind nicht in der vom Täter gewünschten Weise reagiert.
Der Chat mit vermeintlichen Kindern
In aktuellen Medienberichterstattungen ist gegenwärtig zu lesen, dass RTL 2 am 7. Oktober um 20.15 Uhr kurzfristig die erste Folge der Sendereihe "Tatort Internet - Schützt endlich unsere Kinder" ins Programm genommen habe. Nach Medienangaben wolle RTL 2 mit dieser Sendung ernste Bedrohungen thematisieren, die durch Internet-Chats entstünden. Dabei stünden Stephanie zu Guttenberg und Julia von Weiler von "Innocence in Danger" mit ihrer Expertise zur Seite. Juristisch zutreffend wird in den diversen Berichten und Kritiken zu der ersten Folge wiedergegeben, dass jemand, der sich verbal sexuell an eine vermeintlich 13-Jährige im Chat heranmacht und sich mit ihr zum realen Treffen verabredet, sich (noch) nicht strafbar macht. Dies allerdings nur, weil es sich in diesem Fall um ein vermeintliches und damit nicht um ein tatsächliches Kind handelt. Zu den vorangegangenen Informationen ist allerdings zwingend stets zu beachten, dass diese kurzen Ausführungen lediglich einen ersten groben Überblick über die aktuelle Rechtslage um den Straftatbestand der Kinderpornographie bzw. Jugendpornographie und nur einen Einblick in das äußerst komplexe Strafverfahren nach § 176 StGB und § 184b oder § 184c StGB und seine Rechtsfolgen geben und in keinem Fall eine individuelle Rechtsberatung ersetzen können, da jeder Fall grundsätzlich anders gelagert und damit anders zu handhaben ist.
Besonders in Verfahren nach § 184b und § 184c StGB und vor allem § 176 StGB kann umso mehr erreicht werden, je früher ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger des Vertrauens eingeschaltet wird. Der Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger wird daher auch dieses Problemfeld sorgfältig mit seinem Mandanten erörtern und gemeinsam mit ihm risikominimierende Lösungsmöglichkeiten erarbeiten. Erlangen der Dienstherr, der Arbeitgeber oder die Öffentlichkeit auf die eine oder andere Art Kenntnis von dem laufenden Ermittlungsverfahren, sind unverzüglich die rechtliche Situation anwaltlich zu prüfen und ggf. geeignete (Gegen-) Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes bzw. zur Sicherung der Existenz bzw. Lebensgrundlage einzuleiten.