MIETRECHT
Vom Mieter verursachte Wohnungsschäden verjähren erst nach Mietende
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Karlsruhe (jur). Mieter, die Schäden in ihrer Wohnung verursacht haben, können nicht auf Verjährung während der Mietzeit hoffen. Die Verjährung endet immer erst sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch, 5. Oktober 2022, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: VIII ZR 132/20). Die sonst geltende Höchstdauer der Verjährung von 30 Jahren greift danach bei Mietwohnungen nicht.
Im Streitfall geht es um eine Wohnung im vierten Obergeschoss eines Mietshauses in Berlin-Charlottenburg. Die Mieter, ein Ehepaar, waren 1981 dort eingezogen, der Mann ist inzwischen verstorben. Weil das Badezimmer noch einen Dielenboden hatte, ließen die Mieter dort Fliesen mit einem Abfluss verlegen. Eine Dichtung unterhalb der Fliesen wurde nicht erstellt.
2016 kam im darunter gelegenen Badezimmer im dritten Obergeschoss schwallartig Wasser aus der Decke. Es stellte sich heraus, dass mehrere Deckenbalken durch über Jahre eingedrungene Feuchtigkeit beschädigt worden waren. Die Decke war einsturzgefährdet.
Der Vermieter fordert 37.643 Euro Schadenersatz.
Mit ihrer 2017 eingereichten Klage forderten die Vermieter Schadenersatz in Höhe von 37.643 Euro. Die Mieterin, eine Rollstuhlfahrerin, habe während der letzten 20 Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht. Wegen der unzureichenden Abdichtung des Fliesenbodens sei so Wasser in die darunter gelegene Holzkonstruktion eingedrungen.
Die Mieterin meinte, die Sache sei verjährt.
Üblich gilt eine Verjährungsfrist von drei Kalenderjahren ab Kenntnis des Anspruchs. Diese ist aber durch zwei Regelungen gedeckelt. Danach greift die Verjährung unabhängig von der Kenntnis zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs oder 30 Jahre nach der Handlung oder Pflichtverletzung, die letztlich zu dem Schaden geführt hat. Maßgeblich von diesen beiden Obergrenzen ist die früher endende Frist, bei Körperdelikten gelten generell die 30 Jahre.
Hier argumentierte die Mieterin, die schadensursächliche Handlung sei die unzureichende Abdichtung des Fliesenbodens gewesen. Dies sei mehr als 30 Jahre her.
Anders als noch das Landgericht Berlin folgte der BGH dem nicht. Zur Begründung verwies er auf eine Sonderregelung zur Verjährung bei Mietsachen. „Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache“ verjähren danach sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung.
Wie nun der BGH entschied, ist neben dieser Sonderregelung für die generellen Verjährungs-Deckel – hier die dreißig Jahre nach der nicht fachgerechten Bodenabdichtung – kein Raum. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Klausel habe der Gesetzgeber gewollt, dass die anderen Verjährungsvorschriften bei Mietsachen nicht zur Anwendung kommen. Auch aus der Gesetzessystematik ergebe sich, dass die allgemeinen Verjährungsregeln nur dann gelten, wenn es keine Sondervorschrift gibt.
Hier war die Wohnung noch nicht zurückgegeben.
Inhaltlich müsse der Vermieter sich „ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen“ der Mietsache machen können. Dies setze die freie Verfügung über hier die Wohnung und damit die Rückgabe nach Ende des Mietvertrags voraus. Mit der dann aber kurzen Frist von sechs Monaten habe der Gesetzgeber schnelle Klarheit und Rechtsfrieden schaffen wollen.
Hier sei die Wohnung noch nicht zurückgegeben und der Schaden daher auch nach dieser Vorschrift noch nicht verjährt. Nach dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 31. August 2022 soll daher nun das Landgericht Berlin neu prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Schadenersatzanspruch besteht, und ob gegebenenfalls der Gebäudeversicherer für die Schäden einspringen muss.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock