PRESSERECHT
Vorabinfos des Bundesverfassungsgerichts an Presse können bleiben
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Pressekonferenz © Symbolgrafik:© New Africa - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Die AfD kann nicht gegen Vorabinformationen des Bundesverfassungsgerichts an ausgewählte Journalisten vorgehen. Das hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschieden. Nach den am Dienstag, 13. September 2022, bekanntgegebenen Urteilsgründen ist die Klage unzulässig (Az.: 3 K 606/21). Danach könnte sich die AfD allenfalls an das Bundesverfassungsgericht selbst wenden.
Hintergrund ist die umstrittene Praxis des Bundesverfassungsgerichts, den Mitgliedern des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ die Ergebnisse bestimmter Verfahren mit Sperrfrist bereits am Vorabend der öffentlichen Verkündung bekanntzugeben. Dadurch wollen die Karlsruher Richter verhindern, dass es im Wettbewerb der Medien um eine schnelle Meldung nach oder noch während der Urteilsverkündung zu Falschmeldungen kommt.
Die AfD rügt, dass diese Journalisten nach der Urteilsverkündung einen Wissensvorsprung haben. Dies lasse interviewte Prozessvertreter oder Politiker schlecht aussehen. Bei eigenen Organklagen würden so das Recht der AfD auf ein faires Verfahren und zudem das Persönlichkeitsrecht der interviewten Parteivertreter verletzt.
Weiter rügt die AfD einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung und verweist auf die Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts. Darin heißt es: „Amtliche Informationen über ergangene Entscheidungen (…) dürfen erst veröffentlicht werden, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung den Prozessbeteiligten zugegangen ist.“
Mit seinem Urteil vom 25. August 2022 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Dies hatte das Gericht bereits am 26. August 2022 mitgeteilt, allerdings noch ohne Begründung. Nach Zustellung der Entscheidung an die Beteiligten lieferte das Verwaltungsgericht nun die Gründe nach.
Bezüglich des Rechts auf ein faires Verfahren ist danach der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet. Solche sogenannten Prozessgrundrechte seien „innerhalb des zulässigen Rechtswegs zu verwirklichen“. Dies sei für Organstreitverfahren der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht selbst.
Auf Persönlichkeitsrechte könne sich die AfD als Partei nicht berufen. Dies könnten nur betroffene Parteivertreter selbst tun. Es sei aber auch nicht ersichtlich, dass es bei dem hier von der AfD angeführten Verfahren in den Medien zu einer „ehrenrührigen“ Darstellung der AfD und ihrer Vertreter gekommen wäre.
Auch aus der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich für die AfD „kein einklagbares subjektives Recht“.
Grundsätzlich zulässig sei eine Klage vor den Verwaltungsgerichten dagegen bezüglich der Gleichbehandlung. Denn hier gehe es um das Handeln des Bundesverfassungsgerichts als „vollziehende Gewalt“. Klagebefugt seien hier aber nur die unmittelbaren Presseorgane. Die AfD stehe „nicht in einem beruflichen Wettbewerb mit den in der Justizpressekonferenz zusammengeschlossenen Pressevertretern“. Eine Verletzung der Partei in ihrem Recht auf Gleichbehandlung scheide daher „offensichtlich aus“.
Die Justizpressekonferenz Karlsruhe (jpk) hat nach Angaben auf ihrer Homepage derzeit 38 Mitglieder, davon 15 Vertreter der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunksender.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ist noch nicht rechtskräftig. Die AfD kann einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim stellen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock