FAMILIENRECHT
Während eines freiwilligen sozialen Jahres ist Unterhaltspflicht möglich
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Frankfurt/Main (jur). Auch während eines freiwilligen sozialen Jahres können Eltern unterhaltspflichtig für ihr Kind sein. Nach einem am Mittwoch, 2. Mai 2018, bekanntgegebenen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main besteht eine Unterhaltspflicht jedenfalls dann, „wenn das Kind bei Beginn minderjährig war und das Freiwilligenjahr auch der Berufsfindung dient“ (Az.: 2 UF 135/17)
Im Streitfall geht es um einen Sohn getrennt lebender Eltern, der bei seiner Mutter in Nordhessen lebt. Er wollte Altenpfleger werden und begann nach der Schule mit siebzehneinhalb Jahren zunächst ein entsprechendes freiwilliges soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz. Der Vater wollte hierfür keinen Unterhalt mehr leisten, weil es sich nicht um eine Ausbildung handele.
Unterhaltspflicht während des Freiwilligenjahres gerechtfertigt
Auf Antrag der Mutter hatte das Amtsgericht Kassel den Vater zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Dies hat das OLG nun bestätigt.
Vieles spreche schon dafür, „für die Zeit eines Freiwilligenjahres grundsätzlich einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt anzuerkennen“.
Zur Begründung verwiesen die Frankfurter Richter auf die mit dem Freiwilligendienst verbundenen Ziele des Gesetzgebers. Neben einer „beruflichen Orientierungs- und Arbeitserfahrung“ solle danach der Dienst auch wichtige persönliche und soziale Kompetenzen vermitteln, „die als Schlüsselkompetenz noch die Arbeitsmarktchancen verbessern“. Nach Ansicht des OLG Frankfurt könne dies allein schon eine Unterhaltspflicht während des Freiwilligenjahres rechtfertigen.
Das freiwillige soziale Jahr diente der Berufsfindung
Die Frage einer allgemeinen Unterhaltspflicht ließ das OLG jedoch letztlich offen. Jedenfalls hier sei sie aber zu bejahen. Denn der Sohn sei zu Beginn des Freiwilligendienstes noch minderjährig und damit nur begrenzt erwerbspflichtig gewesen. Zudem sei ihm empfohlen worden, den Beruf des Altenpflegers vor Beginn der Ausbildung zu erproben.
Damit, so das OLG, sei das freiwillige soziale Jahr zwar keine Voraussetzung
für die Ausbildung geworden. Es habe aber im weitesten Sinne der Berufsfindung gedient und sei „ein wichtige Baustein für seine künftige Ausbildung“.
Orientierungs- und Erprobungsphase während der Berufsfindung
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gestehe sogar jungen Volljährigen
eine „Orientierungs- und Erprobungsphase während der Berufsfindung zu“. Danach müssten die Eltern gewisse Verzögerungen in der Ausbildung hinnehmen und finanziell mittragen. „Diese Überlegung rechtfertigt auch eine Unterhaltsverpflichtung während
des freiwilligen sozialen Jahres“, befand das OLG.
Gegen diesen Beschluss vom 4. April 2018 ließen die Frankfurter Richter die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.
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