AKTIENRECHT
Weiterhin Aussicht auf Nachschlag für frühere Postbank-Aktionäre
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Karlsruhe (jur). Im Streit um die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank können frühere Aktionäre der Postbank weiterhin auf einen Nachschlag hoffen. Mit zwei am Dienstag, 13. Dezember 2022, verkündeten Urteilen verwies der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe Klagen des Effecten-Spiegel (Az.: II ZR 9/21) und mehrerer weiterer Anleger (Az.: II ZR 14/21) erneut an das Oberlandesgericht (OLG) Köln zur weiteren Klärung zurück.
Die Deutsche Bank hatte 2008 und dann nochmals 2009 Vereinbarungen mit der Deutschen Post AG zur Übernahme der Postbank getroffen. Nach der zweiten Vereinbarung übernahm die Deutsche Bank zunächst 50 Millionen Aktien (22,9 Prozent des Kapitals) zu je 23,92 Euro. Später folgten 60 Millionen Aktien (27,4 Prozent) zu 45,45 Euro und dann weitere 26,4 Millionen Aktien (12,1 Prozent) zu 48,85 beziehungsweise 49,42 Euro.
Nach dem Kauf des ersten Aktienpakets von 22,9 Prozent machte die Deutsche Bank den Kleinaktionären ein freiwilliges Übernahmeangebot von 25 Euro je Aktie. Die Effecten-Spiegel AG, eine Beteiligungsgesellschaft, die auch eine gleichnamige Börsenpublikation herausgibt, nahm dieses Angebot an und gab 150.000 Aktien für insgesamt 3,75 Millionen Euro ab.
Im ersten Verfahren verlangt der Effecten-Spiegel einen Nachschlag von bis zu 4,8 Millionen Euro. Das Angebot von 25 Euro je Aktie sei weit zu niedrig gewesen. In der ersten Vereinbarung mit der Deutschen Post AG seien Preise bis zu 57,25 Euro je Aktie vereinbart gewesen. Entsprechend argumentieren im zweiten Verfahren 16 weitere Anleger.
Hintergrund sind gesetzliche Vorgaben für ein „angemessenes“ Angebot des Bieters. Diese greifen, wenn das bietende Unternehmen bereits 30 Prozent der Aktien besitzt oder sie anderweitig kontrolliert.
In beiden Verfahren hatte das OLG Köln die Klagen abgewiesen, weil die Deutsche Bank erst 22,9 Prozent der Aktien besaß und damit deutlich unter der 30-Prozent-Schwelle gelegen habe. Dabei hatte der BGH die Klage des Effecten-Spiegel schon einmal an das OLG zurückverwiesen und eine genauere Prüfung gefordert (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 29. Juli 2014, Az.: II ZR 353/12).
Dies haben die Karlsruher Richter nun in beiden Verfahren wiederholt. Für den Erfolg der Klagen komme es darauf an, ob schon vor der Übertragung des zweiten Pakets im Februar 2009 über das erste Aktienpaket von 22,9 Prozent hinaus weitere Postbank-Aktien der Deutschen Bank zuzurechnen waren.
Schon im ersten Durchlauf hatte der BGH auf eine vertragliche „Interessenschutzklausel“ verwiesen, wonach Post und Deutsche Bank in der Hauptversammlung ihr Abstimmungsverhalten koordinieren wollten. Dabei, so nun der BGH, komme es darauf an, ob damit eine „konkrete Einflussnahme“ der Deutschen Bank beabsichtigt war. Dies habe das OLG Köln noch nicht ausreichend geklärt. Möglicherweise sei hier auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg an dem Verfahren zu beteiligen.
Weiter soll das OLG nochmals prüfen, inwieweit die Post AG das zweite Aktienpaket faktisch nur noch „für Rechnung“ der Deutschen Bank gehalten hat.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock