SCHADENSERSATZ UND SCHMERZENSGELD
Wenn die Brücke zur Stolperfalle wird
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht einer Gemeinde für eine Fußgänger-Holzbrücke
Kurzfassung
Eine Gemeinde muss „ihre“ Fußgängerbrücken in möglichst gefahrlosem Zustand halten. Sonst haftet sie einem wegen einer Unebenheit gestürzten Fußgänger eventuell auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Das zeigt ein durch das Landgericht Coburg jetzt rechtskräftig entschiedener Fall. Weil sie nichts gegen „Stolperfallen“ auf einer Holzbrücke unternahm, wurde eine Kommune zur Zahlung von fast 8.000,- € Schadensersatz und Schmerzensgeld an eine verletzte Spaziergängerin verurteilt.
Sachverhalt
Für die spätere Klägerin hatte die Benutzung einer Fußgänger-Holzbrücke üble Folgen: Bei einem Sturz zog sie sich einen Oberschenkelhalsbruch zu und musste operiert werden. Für die Verletzung wollte sie die für die Brücke zuständige Gemeinde haftbar machen. Ursache des Strauchelns sei nämlich eine erhebliche Unebenheit gewesen – die die Beklagte unter Verstoß gegen ihre Verkehrssicherungspflicht nicht beseitigt habe. Die Gemeinde hielt entgegen, ein sorgfältiger Benutzer habe die ohnehin nicht gravierende Aufwölbung ohne weiteres erkennen können, und verweigerte Zahlungen.
Gerichtsentscheidung
Zu Unrecht, wie das Landgericht Coburg, bestätigt durch das Oberlandesgericht Bamberg, befand. Zwar müsse ein Gehweg nicht schlechthin gefahrlos und frei von Mängeln sein. Die vorliegenden erheblichen Aufwölbungen bedeuteten aber eine hohe Gefährdung gerade für ältere und bewegungseingeschränkte Personen. Der Gemeinde sei der bauliche Zustand auch bestens bekannt gewesen, habe sie doch bei der Herstellerfirma der Brücke bereits Mängel gerügt. Ein Mitverschulden der Klägerin war nach Auffassung des Gerichts nicht zu berücksichtigen, so dass ihr rund 5.000,- € Schmerzensgeld und knapp 3.000,- € Schadensersatz zugesprochen wurden.
Fazit
Eine Beseitigung der Unebenheiten wäre für die Gemeinde wohl kostengünstiger gewesen.
(Urteil des Landgerichts Coburg vom 21.11.2001, Az: 12 O 584/00; Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14.5.2002, Az: 5 U 226/01; rechtskräftig)
Zur Rechtslage:
Mit „Verkehrssicherungspflicht“ umschreiben die Juristen den allgemeinen Rechtsgedanken, dass derjenige, der im allgemeinen Verkehr eine Gefahrenquelle schafft oder für diese verantwortlich ist, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter vor dieser Gefahr vorzunehmen hat. Diese Pflicht trifft immer den, der über die gefahrträchtige Sache verfügen kann. Bei öffentlichen Wegen und Straßen sind dies die Träger der Straßenbaulast – im vorliegenden Fall also die Gemeinde. Die Verletzung einer solchen Pflicht kann zu einem Schadensersatz-/ Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten führen.
Maßgebliche Normen:
§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Schadensersatzpflicht]:
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
§ 847 BGB [Schmerzensgeld]:
(1) Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen.
(2) (...)