WETTBEWERBSRECHT
Werbung mit den Bezeichnungen „Öko“ oder „Bio“: Wann liegt eine Irreführung vor?
Autor: Rechtsanwalt Axel Dreyer - Rechtsanwalt
In Zeiten zunehmender Lebensmittelskandale und Funden von Giftstoffen in Gebrauchsgegenständen legen Verbraucher immer höheren Wert auf gesunde Ernährung und umweltfreundliche Produkte. Entsprechend werden immer mehr Lebensmittel und Produkte angeboten, die mit dem Zusatz „Öko" oder „Bio" beworben werden. Nicht immer ist jedoch klar, wann ein Produkt die Voraussetzungen erfüllt, damit es mit den Bezeichnungen „Öko" oder „Bio" beworben werden kann. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann eine irreführende Werbung von Wettbewerbern abgemahnt werden.
I. Bedeutung der Bezeichnungen „Öko" und „Bio"
Grundsätzlich erwartet der Verbraucher, dass entsprechend beworbene Produkte aus natürlichen Stoffe bestehen keine gefährlichen Zusätzen enthalten. Die Zusätze „Öko" und „Bio" haben je nach Produkt, für die sie verwendet werden, unterschiedliche Bedeutungen.
1. Werden sie für Lebensmittel verwendet, weisen Sie darauf hin, dass das Produkt nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus hergestellt worden ist. Diese Grundsätze sind in der Verordnung EG Nr. 834/2007 vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen, welche in der Folgezeit mehrfach geändert wurde, niedergelegt. Die Verordnung, auch Ökoverordnung (ÖkoV) genannt, enthält im Titel II die Ziele und Grundsätze der ökologischen und biologischen Produktion sowie in Titel III entsprechende Produktionsvorschriften. Wenn das Produkt diesen Vorschriften entspricht, kann die Verwendung der Bezeichnung „Öko" oder „Bio" nicht nach einer anderen Vorschrift und auch nicht nach dem allgemeinen Irreführungsverbot untersagt werden (OLG Karlsruhe, ZLR 1994, 391). Lebensmittel, die nicht unter die Verordnung fallen, müssen frei von Rückständen oder Schadstoffen sein sowie aus natürlichen Stoffen bestehen.
2. Wird der Zusatz „Bio" bei Reinigungsmitteln verwendet, geht der Verkehr davon aus, dass es sich um ein biologisch abbaubares und umweltfreundliches Produkt handelt, dass natürliche und biologisch wirkende Stoffe enthält. Die Rechtsprechung hat daher die Bezeichnung „bio-fix" für einen WC-Reiniger als irreführend angesehen, weil dieser Zitronensäure und Tenside enthielt (OLG Düsseldorf, GRUR 1988, 55). Im Einzelfall ist aber zu beachten, dass der Durchschnittsverbraucher weiß, dass ein Waschmittel zum Beispiel nicht ohne Chemie auskommen kann.
3. Die Verwendung von „Bio" oder „Öko" kann auch bei völlig anderen Sachverhalten zur Anwendung kommen und irreführend sein. So wurde die Bezeichnung „Biolarium" als irreführend zur Bezeichnung eines Solariums angesehen, weil damit der Eindruck erweckt wurde, die Nutzung des Solariums sei für die Gesundheit völlig risikolos (OLG München, GRUR 1990, 294; OLG Hamm, GRUR 1990, 639). Hierbei ist aber zu beachten, dass die Auffassung der Verbraucher sich ändern kann. Heute wird gegen diese Entscheidungen eingewendet, die Verbraucher wüssten generell um die Gefahren bei der Nutzung von Solarien, so dass es nicht mehr zu einer Irreführung komme.
4. Bewirbt ein Hersteller sein komplettes Sortiment mit den Zusätzen „Bio" oder „Öko", muss diese Werbung zutreffen. So ist einem Hersteller von Babynahrung der Slogan „Für Ihr Baby bieten wir Bio-Nahrung rundum" als irreführend untersagt worden, weil in dem Sortiment des Werbenden mehrheitlich Rohstoffe zur Anwendung kamen, die den Anforderungen der ÖkoV nicht entsprachen (OLG München, LRE 29, 266). Gleichfalls ist einem Hersteller untersagt worden, die Bezeichnung „BIO-Früchte" allgemein für sein Sortiment zu benutzen, weil nur 3 von 11 Fruchtarten in Bio-Qualität angeboten wurden (OLG München, WRP 1994, 134).
II. Rechtsfolgen irreführender Werbung
Wird ein Produkt mit den Zusätzen „Öko" oder „Bio" beworben und erfüllt es nicht die Anforderungen, liegt eine irreführende Werbung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor. Durch die Irreführung verschafft sich der Werbende einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, also Wettbewerbern. Den Wettbewerbern stehen daher Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen den Werbenden zu. In der Regel erfolgt die Durchsetzung der Ansprüche, indem eine Abmahnung ausgesprochen wird und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt wird. Gibt der Werbende keine Unterlassungserklärung ab, kann unter Umständen eine einstweilige Verfügung erwirkt werden oder aber die Durchsetzung sämtliche Ansprüche im Hauptsacheverfahren erfolgen.
Rechtsanwalt Axel Dreyer, LL.M. Gewerblicher Rechtsschutz
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