ARBEITSRECHT
Zulagen, Gratifikationen, Bonuszahlungen usw.: Wann habe ich Anspruch auf Sonderzahlungen?
Autor: Dr. Henning Kluge - Rechtsanwalt
Jeder Arbeitnehmer hat gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Zahlung eines gewissen Grundgehalts. Neben dem in der Regel monatlich ausgezahlten Grundgehalt erhalten viele Arbeitnehmer aber auch noch weitere Leistungen vom Arbeitgeber, z.B. Zulagen und Zuschläge für Überstunden sowie für Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit und Nachtarbeit, übertarifliche Zulagen, Prämien oder Provisionen. Neben diesen in der Regel monatlich ausgezahlten zusätzlichen Leistungen erhalten viele Arbeitnehmer auch noch Leistungen, die nur einmal im Jahr oder noch seltener ausgezahlt werden, z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, ein 13. Monatsgehalt, Erfolgs- bzw. Gewinnbeteiligungen, Bonuszahlungen und Jubiläumszuwendungen.
Ob ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Zahlung von einer dieser zusätzlichen Leistungen verlangen kann, hängt davon ab, ob ihm rechtlich ein „Anspruch" auf die Leistung zusteht. Das Bestehen eines Anspruchs setzt wiederum das Vorhandensein einer „Anspruchsgrundlage" voraus.
Im Arbeitsrecht kommen vor allem die folgenden Anspruchsgrundlagen in Betracht, auf die ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Zusatzleistung stützen kann:
- vertragliche Vereinbarung
- Gesetz (§ 612 BGB)
- Tarifvertrag
- Gesamtzusage
- arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz
Zu beachten ist, dass ein Arbeitnehmer jede Art von Leistung auf jede Art von Anspruchsgrundlage stützen kann. So kann ein Arbeitnehmer z.B. einen Anspruch auf eine Bonuszahlung sowohl aus einer vertraglichen Vereinbarung als auch aus einer betrieblichen Übung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten.
Vertragliche Vereinbarung
Häufigste Anspruchsgrundlage für einen Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und dem Arbeitgeber. Diese kann sein der Arbeitsvertrag, eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag oder jede andere Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nicht erforderlich ist, dass die Vereinbarung schriftlich niedergelegt worden ist. Auch mündliche Absprachen sind verbindlich und verpflichten den Arbeitgeber zur Zahlung.
Gesetz
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung eines Gehalts in einer bestimmten Höhe kann sich auch aus der gesetzlichen Vorschrift des § 612 BGB ergeben. Nach § 612 BGB schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Fehlen einer besonderen Vereinbarung einen Lohn in Höhe des üblichen Lohns.
Tarifvertrag
Zusatzleistungen des Arbeitgebers sind häufig in Tarifverträgen geregelt. Voraussetzung für einen Anspruch aus einem Tarifvertrag ist, dass der Tarifvertrag in dem konkreten Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies setzt wiederum voraus, dass
Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Organisationen (Arbeitgeberverband und Gewerkschaft) angehören, die den Tarifvertrag geschlossen haben, oder
der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, oder
die Anwendung des Tarifvertrages von Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich vereinbart worden ist, oder
der Tarifvertrag im Betrieb des Arbeitgebers kraft betrieblicher Übung Anwendung findet.
Betriebsvereinbarung
Auch wenn dies in der Praxis seltener vorkommt: Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf eine bestimmte Leistung des Arbeitgebers kann sich auch aus einer Betriebsvereinbarung ergeben. Eine Betriebsvereinbarung ist eine Vereinbarung, die der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat geschlossen hat.
Betriebliche Übung
Insbesondere Ansprüche auf Leistungen, die der Arbeitgeber nur einmal im Jahr gewährt (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, 13. bzw. 14. Monatsgehalt, Jahressonderzahlung), ergeben sich häufig aus einer sogenannten betrieblichen Übung. Von einer betrieblichen Übung spricht man, wenn ein Arbeitgeber über mehrere Jahre (mindestens 3 Jahre) hinweg vorbehaltlos eine bestimmte Leistung gewährt hat. In diesen Fällen entsteht ein „echter" Anspruch des Arbeitnehmers auf den Erhalt dieser Leistung auch in der Zukunft.
Gesamtzusage
Ansprüche von Arbeitnehmern auf Zusatzleistungen bzw. Sonderzuwendungen werden häufig auch durch eine sogenannte Gesamtzusage begründet. Eine Gesamtzusage ist eine an die Belegschaft (oder einen Teil davon) gerichtete Willenserklärung des Arbeitgebers (z.B. in einem Rundschreiben), mit der dieser den Arbeitnehmern eine bestimmte Leistung verspricht. Durch die stillschweigende Annahme des darin enthaltenen Vertragsangebots durch die Arbeitnehmer, kommt eine „echte" vertragliche Vereinbarung zustande.
Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf die Zahlung einer bestimmten Zusatzleistung kann sich auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Der Arbeitgeber darf einzelne Arbeitnehmer bei der Gewährung von Leistungen oder Vergünstigungen nicht ohne sachlichen Grund ausschließen. Gewährt der Arbeitgeber bestimmten Arbeitnehmern gewisse Zusatzleistungen, haben auch die anderen Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese Zusatzleistungen, wenn es keinen sachlichen Grund dafür gibt, diese von der Gewährung der Leistungen auszunehmen.
Henning Kluge, Rechtsanwalt
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