Lob der Unternehmer – Doch viele Bürger halten Selbständige für geldgierig, skrupellos und charakterschwach
Bonn/Berlin – Zum Jahreswechsel gibt es in der Tageszeitung Die Welt www.welt.de keine frommen Sprüche und guten Vorsätze für das kommende Jahr, sondern ein „Lob der Unternehmer“. Es wird angestimmt von dem marktliberalen Chefredakteur des Blattes, dem Schweizer Roger Köppel. Der streitlustige Journalist, der auch mit seinen europaskeptischen Ansichten und seinen Vorbehalten gegenüber einem EU-Beitritt der Türkei nicht hinter dem Berg hält, sieht die Unternehmer in die Defensive geraten: „Die wertschöpfende Klasse sieht sich über Deutschland hinaus in weiten Teilen Europas schweren Drangsalierungen und Verdächtigungen ausgesetzt.“ Es reiche nicht mehr aus, so Köppel in seinem Leitartikel, wenn eine Firma geschäftlichen Erfolg erziele und Gewinne mache. Sie müsse ihre Gewinne entweder nach Afrika verschenken oder mit einem Überbau an profitfernen Absichtserklärngen dekorieren, um sich beim Publikum beliebt zu machen.
Köppel bezeichnet die deutsche und auch die europäische Gemütslage als verquer und erinnert daran, dass die Marktwirtschaft die Mutter der liberalen Demokratie ist. Die großen Nationen Europas verdankten ihren Aufstieg dem Fleiß und der Risikobereitschaft ihrer Unternehmerpersönlichkeiten. Außerdem gingen mit dem Siegeszug des Unternehmertums auch zahlreiche rechtliche und gesellschaftliche Veränderungen einher: „Durch den Kapitalismus ist die Dreiständeordnung gesprengt und die bürgerliche Gesellschaft erzeugt worden, in der jeder ungeachtet von Herkunft, Hautfarbe oder Konfession aufgrund der Leistung beurteilt wird, die er in den Augen anderer erbringt.“
Doch diese positiven Aspekte scheinen vergessen zu sein, wenn mal wieder eine Debatte über die vermeintlichen Auswüchse des Kapitalismus vom Zaun gebrochen und nach staatlicher Regulierung gerufen wird. Studien ergeben, dass ein Großteil der Bevölkerung beim Bild des Unternehmers negative Assoziationen hat. Eine Umfrage unter Berliner Studenten ergab zum Beispiel, dass für die befragten Leistungsträger von morgen der Unternehmer ein „mächtiger Fiesling“ mit „hübscher Sekretärin“ und einem „fragwürdigen Wertesystem“ ist. Nach Ansicht der Studierenden ist der Untermehrer infarktgefährdet, geldgierig und bei Entlassungen gnadenlos.