PATENTRECHT
Ausreichender Rechtsschutz gegen EPA-Entscheidungen
Experten-Branchenbuch.de,
zuletzt bearbeitet am:
Bundesverfassungsgericht © Symbolgrafik:© U. J. Alexander - stock.adobe.com
Karlsruhe (jur). Der Rechtsschutz gegen Entscheidungen des Europäischen Patentamts (EPA) in München genügt jedenfalls seit 2016 rechtsstaatlichen Grundsätzen. Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen sind daher unzulässig, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 12. Januar 2023, veröffentlichten Beschluss entschied (Az.: 2 BvR 2480/10 und weitere).
Hintergrund des Streits ist die besondere Stellung des EPA. Wegen des Einstimmigkeitsprinzips und eines Sprachenstreits konnte sich die EU über Jahre nicht auf ein gemeinsames Patentamt einigen. Träger ist daher die Europäische Patentorganisation (EPO), eine eigenständige völkerrechtliche Einrichtung. Dies führt dazu, dass die EU-Gerichte in Luxemburg für Entscheidungen des EPA nicht zuständig sind.
Für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des EPA wurden daher eigene Beschwerdekammern eingerichtet. Zahlreiche Unternehmen, die mit Entscheidungen des EPA nicht einverstanden waren, rügten nun vor dem Bundesverfassungsgericht eine unzureichende Unabhängigkeit dieser Beschwerdekammern. Diese seien an das EPA angebunden gewesen, so dass die Kammermitglieder beispielsweise bei Beförderungen vom EPA-Präsidenten abhängig gewesen seien.
Das Bundesverfassungsgericht verwies nun auf eine Reform des Rechtsschutzsystems der EPO im Jahr 2016. Es erscheine zwar nicht ausgeschlossen, dass die vom Grundgesetz geforderten Mindeststandards bis dahin nicht gewährleistet waren. „Diese Defizite sind mit der Strukturreform des Jahres 2016 jedoch weitgehend behoben worden“, heißt es in dem Karlsruher Beschluss von 8. November 2022.
So seien die Beschwerdekammern „institutionell weitgehend verselbstständigt worden“. Ihre Mitglieder seien nicht mehr weisungsgebunden. Während ihrer fünfjährigen Amtszeit dürften sie „grundsätzlich nicht des Amtes enthoben werden“. In der Gesamtschau sei der Vorwurf eines unzureichenden Rechtsschutzes daher jedenfalls seit 2016 nicht mehr gerechtfertigt.
Mehrere der Verfassungsbeschwerden wies das Bundesverfassungsgericht auch deshalb als unzulässig ab, weil die jeweiligen Unternehmen ihren Sitz nicht in Deutschland haben. Auf die Grundrechte des Grundgesetzes können sie sich daher nicht berufen.
Nach den Planungen der EU wird es ab Juli 2023 ein „Einheitspatent“ geben. Auch daran sind bislang aber nur 25 der 28 EU-Staaten beteiligt. Auch für dieses Einheitspatent wird daher eine eigenständige Gerichtsbarkeit mit Niederlassungen in allen beteiligten EU-Staaten aufgebaut. Diese Gerichte sollen aber Vorlagefragen an das oberste EU-Gericht, den Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, stellen können.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock