VERTRAGSRECHT
Doppelte Schriftformklausel in AGB
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
Mündliche Aufhebung sog. doppelter Schriftformerklausel
Gerichtsstandsvereinbarung in AGB - keine ausschließliche Reglung
(LG Dresden, Urteil vom 04. 06.2010 5 O 2887/09)
Die beklagte Leasingnehmerin wurde am Sitz ihrer Einzelfirma auf Zahlung einer Kaution über 25.006,82 € aus einem Leasingvertrages in Anspruch genommen. Die klagende Leasinggeberin hatte den Antrag der Beklagten auf Abschluss des Leasingvertrages unter der Auflage angenommen, dass die Beklagte eine Kaution leiste. Dem Antrag lagen Allgemeine Geschäftsbedingungen („Allgemeine Leasingbedingungen) zugrunde. Die Beklagte unterzeichnete eine als „Kautionsvereinbarung" überschriebene Vereinbarung, ohne dass diese jedoch von der Klägerin gegengezeichnet war.
Die Klägerin nahm dann den Antrag der Beklagten unter der ausdrücklichen Auflage an, dass eine Kaution geleistet werde. Dem widersprach die Beklagte jedenfalls nicht schriftlich.
Die Beklagte berief sich jedoch auf eine mündliche Vereinbarung mit dem für Klägerin handelnden Verkaufsleiter, wonach von Anfang an vereinbart worden sei, dass keine Kaution geleistet werden sollte. Die Beklagte habe von Anfang an gegenüber dem Verkaufsleiter gegenüber deutlich gemacht, dass sie zur Stellung einer Kaution nicht in der Lage sei und an-dernfalls der Vertrag nicht zustande komme.
Ausserdem rügte die Beklagte die örtliche Zuständigkeit des Gerichts unter Bezug auf die sich aus den AGB ergebenden Gerichtsstandsvereinbarung.
Unter Ziffer III. enthielten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Regelungen:
III. Allgemeine Bestimmungen
(1) Nebenabredungen, Änderungen, Ergänzungen sowie die einvernehmliche Aufhebung dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Ein Verzicht auf die Schriftform kann nur schrift-lich vereinbart werden.
(2) Als Gerichtsstand vereinbaren die Parteien Frankfurt am Main, Berlin oder Mannheim (nach Wahl des Klägers).
Das LG Dresden hat die auf Kautionszahlung gerichtete Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
1. Das LG Dresden nimmt seine Zuständigkeit trotz der Vereinbarung eines anderweitigen Gerichtsstandes an. Bei dem nach III. 2. der Allgemeinen Leasingbedingungen vereinbarten Gerichtsstand handele es sich um keine ausschließliche Vereinbarung eines Gerichtsstandes. Die Klausel könne so verstanden werden, dass der Kläger das Recht haben soll, einen dieser Gerichtsstände in Anspruch nehmen zu können. Dass hierbei eine ausschließliche Regelung gemeint gewesen sei, sei zweifelhaft. Wenn es sich jedoch um keine ausschließliche Regelung handele hat, sei auch der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten damit nicht ausgeschlossen. Die Beklagte hat ihren Sitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts , so dass die Zuständigkeit des Landgerichtes angenommen werden könne.
2. Die Parteien haben nach Überzeugung des Gerichts nach der schriftlichen Kautionsvereinbarung die Zahlung der Kaution abbedungen. Nach den überzeugenden und glaubhaften Aussagen des Zeugen Z. habe dieser sich im Namen der Beklagten bereits nach Erhalt der unter einer Auflage erklärten Annahme des Leasingvertrages der Klägerin an den Verkaufsleiter der Klägerin mit der Erklärung gewandt, dass eine Kautionszahlung nicht in Betracht käme.
Die Beklagte habe allerdings die Kautionsvereinbarung unterzeichnet und damit ihren Willen kundgetan, zumindest zu diesem Zeitpunkt die Kaution zu zahlen. Das Gericht ist jedoch davon ausgegangen, dass die Parteien in weiteren Verhandlungen übereingekommen sind, dass die Klägerin auf ihren Anspruch aus der Kautionsvereinbarung verzichtet hat.
Diese mündliche Vereinbarung ist nach Ansicht des Landgerichts auch wirksam. Dem stehe nicht entgegen, dass nach den AGB der Klägerin Vertragsänderungen nur schriftlich erfolgen könnten. Eine derartige Klausel müsse als abbedungen gelten, wenn Parteien nach Abschluss dieser Klausel eine mündliche vom Vertrag abweichende Vereinbarung treffen. In diesen Fällen sei davon auszugehen, dass die Formvorschriften von den Parteien abedun-gen werden.
Das LG rechnete der Klägerin das Verhalten ihres Verkaufsleiters zu, da dieser zwar nicht allein-vertretungsberechtigt war, jedoch sämtliche Verhandlungen im Auftrage der Klägerin führte. Auch die weiteren Umstände, insbesondere die über einen längeren Zeitraum fehlende Einforderung der Kaution entgegen der eigentlichen Kautionsabrede, sprachen nach Ansicht des Landgerichts dafür, dass die Klägerin tatsächlich auf die Kaution verzichten wollte.
Anmerkung / BGH zu doppelter Schriftformklausel
Der BGH hat in eine Entscheidung vom 17.09.2009, I ZR 43/07 bezüglich folgender Individu-alvereinbarung
Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Das Erfordernis der Schriftform kann nur durch eine schriftliche Vereinbarung der Vertragsparteien aufgehoben werden
festgestellt:
„Eine solche „doppelte" Schriftformklausel kann, jedenfalls wenn sie - wie hier - zwischen Kaufleuten (§ 6 Abs. 1 HGB) in einem Individualvertrag vereinbart worden ist, nicht durch eine Vereinbarung abbedungen werden, die die Schriftform nicht wahrt (vgl. BGHZ 66, 378, 381 f.; ebenso BAG NJW 2003, 3725, 3727 und BFHE 165, 256). „
Volker Backs LL.M.
Rechtsanwalt
Im Juli 2010