Rechtsmittelbelehrung ohne Hinweis auf elektronischen Rechtsverkehr
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Kassel (jur). Anwälte und Behörden müssen bei Interesse selbst klären, ob sie Rechtsmittel gegen ein Urteil auch in elektronischer Form einlegen können. Die Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Urteils ist auch ohne einen entsprechenden Hinweis wirksam, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Dienstag, 21. Mai 2013, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: B 13 R 19/12 R). Der sogenannte elektronische Rechtsverkehr sei noch nicht als „Regelweg“ für die Berufung anzusehen.
Im entschiedenen Fall hatte das Sozialgericht Kassel dem Kläger eine Erwerbsminderungsrente zugesprochen. Die Rentenversicherung Hessen legte Berufung ein, versäumte aber die hierfür gültige Frist von einem Monat.
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt nahm die Berufung trotzdem an und wies nun die Klage auf Erwerbsminderungsrente ab. Seit Dezember 2007 sei es möglich, zum LSG Darmstadt Rechtsmittel im elektronischen Rechtsverkehr einzulegen. Darauf habe das Sozialgericht Kassel in seiner Rechtsmittelbelehrung aber nicht hingewiesen. Wegen der „unvollständigen“ Rechtsmittelbelehrung greife die Monatsfrist nicht.
In nichtöffentlicher Verhandlung hob das BSG dieses Urteil am 14. März 2013 auf. Die Berufung sei verfristet gewesen. Damit ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig, so dass der Kläger seine Rente erhält.
Laut Sozialgerichtsgesetz greift die Monatsfrist für die Berufung nur, wenn die unterlegene Partei über Frist und Form belehrt worden ist. Ist die Belehrung „unrichtig“, gilt eine Frist von einem Jahr.
Doch auch wenn Dokumente zum LSG Darmstadt inzwischen rechtswirksam auch elektronisch übermittelt werden können, müsse eine Rechtsmittelbelehrung darauf bislang nicht unbedingt hinweisen. Ohne einen solchen Hinweis sei sie „nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht ‚unrichtig’ “, heißt es in dem Kasseler Urteil. Der elektronische Rechtsverkehr sei vom Bundesgesetzgeber „eher beiläufig“ erlaubt worden und werde offenbar noch nicht als „Regelweg“ angesehen.
Insbesondere wegen des hohen Aufwands für eine sichere „elektronische Signatur“ sei auch die praktische Bedeutung des elektronischen Rechtsverkehrs bislang gering geblieben. Vor den Sozialgerichten sei er bislang erst in sieben der 16 Bundesländer zugelassen.
Daher reiche es derzeit noch aus, wenn sich die Rechtsmittelbelehrung „auf die ‚klassischen’ und allgemein gebräuchlichen Möglichkeiten einer schriftlichen oder mündlichen (zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) Einlegung der Berufung beschränkt“, urteilte das BSG.
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