BETREUUNGSRECHT
Alkoholkauf auch ohne Zustimmung des Betreuers erlaubt
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Karlsruhe (jur). Wird bei unter Betreuung stehenden alkoholkranken Menschen auch deren Geschäftsfähigkeit eingeschränkt, können sie trotzdem grundsätzlich kleinere Mengen Alkohol kaufen. Das Betreuungsgericht kann den Alkoholkauf nur dann von der Zustimmung des Betreuers abhängig machen, wenn es einen sogenannten qualifizierten Einwilligungsvorbehalt anordnet und es die Maßnahme für erforderlich und verhältnismäßig hält, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 23. Januar 2017, veröffentlichten Beschluss (Az.: XII ZB 458/15).
Geklagt hatte eine aus dem Raum Fürstenfeldbruck unter Betreuung stehende Frau. Sie wandte sich gegen die Verlängerung ihrer Betreuung. Diese war wegen ihres amnestischen Syndroms angeordnet worden, welches mit starken Gedächtnisstörungen und Desorientierung verbunden ist. Die Erkrankung geht entweder auf ein 2002 erlittenes Schädel-Hirn-Trauma zurück und/oder auf ihren starken Alkoholkonsum.
Landgericht München II erklärt Einwilligungsvorbehalt
Das Landgericht München II hatte auch einen Einwilligungsvorbehalt erklärt. Damit sollten Einkäufe der Frau von der Zustimmung ihres Betreuers abhängig gemacht werden. Auf diese Weise sollte zudem verhindert werden, dass die Alkoholkranke sich weiter Alkohol kauft.
Aufhebung dieser Entscheidung durch den BGH
Der BGH hob diese Entscheidung in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2016 auf und verwies das Verfahren zur erneuten Prüfung an das Landgericht zurück. Ein Einwilligungsvorbehalt dürfe grundsätzlich nicht dazu führen, dass der Betreuer auch für „geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens“ immer seine Zustimmung geben muss.
Qualifizierter Einwilligungsvorbehalt als Ausnahme zulässig
Dies sei lediglich im Ausnahmefall zulässig. Voraussetzung hierfür sei dann ein sogenannter qualifizierter Einwilligungsvorbehalt, der sich auch auf geringfügige Angelegenheiten erstreckt. Es müsse dann erforderlich und verhältnismäßig sein, dass der Betreuer auch in Alltagsgeschäfte einwilligen muss.
Keine Erklärung des qualifizierten Einwilligungsvorbehaltes durch das Langericht
Hier habe das Landgericht jedoch keinen qualifizierten Einwilligungsvorbehalt explizit erklärt. Es sei auch gar nicht klar, ob die Frau auf diese Weise vom Alkoholkauf abgehalten werden kann. Denn ein Einwilligungsvorbehalt könne sich nur auf rechtsgeschäftliche Willenserklärungen beziehen, „tatsächliche Handlungen, wie die Inbesitznahme von Alkoholika und deren Verbrauch werden hiervon nicht erfasst“, so der BGH.
Zuteilung eines geringen Taschengeldes durch den Betreuer als Alternative
Eine entsprechende Anordnung komme nur dann in Betracht, wenn der Betreuer die üblicherweise von der Betreuten aufgesuchten Verkaufsstellen über den Einwilligungsvorbehalt informiert und der Alkoholkauf so verhindert werden kann. Unter Umständen sei die Maßnahme auch unverhältnismäßig. So könne der Alkoholkauf möglicherweise ebenso verhindert werden, indem der Betreuer der Frau nur ein geringes Taschengeld zuteilt.
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