FAMILIENRECHT
Noch im Krankenhaus durfte Baby vom Jugendamt in Obhut genommen werden
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Frankfurt/Main (jur). Das Jugendamt darf noch im Krankenhaus ein neugeborenes Mädchen in Obhut nehmen, wenn vermutlich der Lebensgefährte der Mutter bereits von deren älteren Schwestern Fotos in kinderpornografischen Positionen gemacht hat. Unabhängig vom Zweck der Fotos werde schon durch solche Aufnahmen das Kindeswohl gefährdet, wie das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Freitag, 18. Mai 2018, bekanntgegebenen Eilbeschluss entschied (Az.: 1 UF 4/18).
Es wies damit eine Mutter aus Hessen ab. Mit ihrem Lebensgefährten hat sie bereits zwei Töchter. Bei ihm waren Fotos der Mädchen in eindeutig kinderpornografischen Positionen gefunden worden. Es laufen noch mehrere Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen des Verdachts der Verbreitung kinderpornografischer Schriften sowie des Verdachts des sexuellen Missbrauchs der beiden Töchter, die ebenfalls in Pflegefamilien untergebracht sind.
Kindeswohl des Babys gefährdet
Als die Mutter eine weitere Tochter bekam, nahm das Jugendamt diese noch im Krankenhaus in Obhut und brachte sie in einer Pflegefamilie unter. Mit ihrem Eilantrag wollte die Mutter erreichen, dass sie ihr Kind zurückbekommt.
Dies lehnte das OLG nun ab. Das Kindeswohl des Babys wäre im Haushalt der Mutter und ihres Lebensgefährten gefährdet.
Zur Begründung verwiesen die Frankfurter Richter auf den „dringenden Verdacht des sexuellen Missbrauchs der beiden älteren Töchter“. Es gebe mehrere Lichtbilder der Mädchen, fast nackt und in kinderpornografischen Posen. Durch solche Aufnahmen sei das Kindeswohl gefährdet, ganz gleich, ob vermutlich der Lebensgefährte sie für sich selbst oder für andere Personen angefertigt hat.
Jugendamt muss nicht abwarten
„Bereits durch das Fotografieren der Kinder in diesen eindeutig sexualisierten beziehungsweise kinderpornografischen Positionen liegt eine Degradierung der Mädchen zu einem bloßen Sexobjekt und eine sexuelle Ausbeutung zu pornografischen Aktivitäten“, heißt es in dem Frankfurter Eilbeschluss vom 26. März 2018.
Hieraus ergebe sich die „erhebliche und nachhaltige Gefahr“, dass der Lebensgefährte der Mutter auch deren jüngste Tochter „zur Befriedigung eigener und fremder sexueller und kinderpornografischer Interessen missbraucht“.
Nach dem OLG-Beschluss muss das Jugendamt nicht abwarten, ob sich diese Gefahr auch verwirklicht. Denn schon der einmalige Missbrauch könne zu einer schwerwiegenden Schädigung führen. Hinzu komme, dass sich das Mädchen wegen seines Alters von erst wenigen Monaten anderen Personen nicht anvertrauen könne.
Kein milderes Mittel als der Entzug der Personensorge
Mildere Mittel als der Entzug der Personensorge seien unter diesen Umständen nicht ersichtlich, befand das OLG. Der Behauptung der Mutter, sie könne und werde das Baby durch ihre eigene Anwesenheit schützen, vertrauten die Frankfurter Richter nicht. Denn bei den Ermittlungen gegen ihren Lebensgefährten unterstütze sie dessen Schutzbehauptungen und bagatellisiere die Gefahrenlage.
Für das noch ausstehende Hauptsacheverfahren hat das OLG ein Sachverständigengutachten zur Kindeswohlgefährdung aller drei Töchter in Auftrag gegeben.
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