UNTERHALTSRECHT
Recht auf Kenntnis der Abstammung wichtiger als Totenruhe
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Karlsruhe (jur). Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung hat grundsätzlich Vorrang vor der Totenruhe. Daher können mutmaßliche Kinder eine Exhumierung verlangen, wenn zur Klärung der Vaterschaft ein DNA-Test erforderlich ist, heißt es in einem am Freitag, 14. November 2014, veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe (Az.: XII ZB 20/14).
Die heute 70-Jährige Antragstellerin ist in der DDR aufgewachsen, hatte aber von ihrer Mutter erfahren, dass ihr Vater ein Mann aus dem Westen ist. Zu dem mutmaßlichen Vater hatte sie später auch persönlichen Kontakt.
Vor dem Hintergrund einer größeren Erbschaft will sie die Vaterschaft des inzwischen verstorbenen Mannes nun sicher klären. Sie beantragte eine Exhumierung.
Des widersprach allerdings der eheliche Sohn des mutmaßlichen Vaters. Dieser war auch nicht bereit, eigenes Genmaterial zur Verfügung zu stellen, um die Verwandtschaftsverhältnisse zu klären.
Wie schon das Oberlandesgericht (OLG) Dresden gab nun auch der BGH der Frau recht. Ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung sei verfassungsrechtlich geschützt und habe auch nach der Europäischen Menschenrechtskonvention einen hohen Rang. In aller Regel müssten die über den Tod hinausreichenden Persönlichkeitsrechte des Toten demgegenüber zurückstehen.
„Das Wissen um die eigene Herkunft ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität“, heißt es in dem Karlsruher Beschluss vom 29. Oktober 2014. „Daran ändert nichts, dass im Einzelfall bei der Klärung der Abstammungsfrage vermögensrechtliche Interessen im Vordergrund stehen können.“ Denn auch die Teilhabe am väterlichen Erbe sei „ein legitimes Interesse des leiblichen Kindes“. Daher spiele es auch keine Rolle, dass die Antragstellerin selbst eigentlich gar keine Zweifel an der Vaterschaft des Verstorbenen hat.
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