VERTRAGSRECHT
Vertragslaufzeit von 72 Monaten bei Werbemaßnahme (hier: Werbung an Einkaufswagen) verstößt gegen §§ 309 Nr. 9 a, 307 BGB
Autor: Volker Backs LL.M. - Rechtsanwalt
Vertragslaufzeit von 72 Monaten bei Werbemaßnahme (hier: Werbung an Einkaufswagen) verstößt gegen §§ 309 Nr. 9 a, 307 BGB
OLG Brandenburg, Urteil vom 19.05.2011, 12 U 175/10
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem kürzlich verkündeten Urteil festgestellt, dass eine von den Vertragsparteien getroffene vertragliche Regelung über die Laufzeit einer Werbemaßnahme von 72 Monaten wegen Verstoßes gegen §§ 309 Nr. 9 a, 307 BGB nichtig ist.
Das Oberlandesgericht Brandenburg stellt fest:
„Nach § 309 Nr. 9 a BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit bei einem auf die regelmäßige Erbringung einer Werkleistung gerichteten Dauerschuldverhältnis unwirksam. [...] Eine der Inhaltskontrolle unterliegende Allgemeine Geschäftsbedingung liegt dabei auch vor, wenn das Vertragsformular zwar eine individuell auszufüllende Lücke aufweist, der Verwender das Vertragsformular üblicherweise oder gegenüber einer Mehrzahl von Kunden jedoch in gleicher Weise ergänzt oder ergänzen lässt und der zu ergänzende Text insoweit nicht zum Gegenstand der Verhandlungen bei Vertragsschluss gemacht wird. [...]“
In dem vom Oberlandesgericht Brandenburg entschiedenen Fall handelte es sich auch nicht um eine Verbraucherin, die von einem etwaigen Widerrufsrecht hätte Gebrauch machen können, sondern eine Kleinunternehmerin. Das Oberlandesgericht Brandenburg geht aber zurecht davon aus, dass es beim Geschäftsabschluss einer Kleinunternehmerin ohne Bezug zum Kerngeschäft des Unternehmens nicht geboten erscheint, von der Bewertung des § 309 Nr. 9 a BGB abzuweichen und eine längere als 24-monatige Bindung als zulässig anzusehen.
Im Ergebnis ist das Gericht auch davon ausgegangen, dass die Unwirksamkeit der vertraglich vorgesehenen Laufzeit von 72 Monaten nicht zu einer Reduzierung der Vertragszeit führt, sondern zur Unwirksamkeit der vereinbarten Laufzeit als Ganzes. Andernfalls würde dem Verwender (hier: dem Anbieter der Werbung) jedes Risiko der Formulierung seiner Vertragsklausel abgenommen.
Der auf die Werbung an Einkaufswagen gerichtete Vertrag kann nach Ansicht des Gerichts daher, da er auf unbestimmte Dauer geschlossen ist, jederzeit gekündigt werden, ohne dass sich der Anbieter auf eine bestimmte vertragliche Dauer und deren Laufzeit berufen kann. Bereits erbrachte Leistungen sind zu vergüten.
Volker Backs LL.M.
Rechtsanwalt